Frankfurter Rundschau 20.11.1999

Türkei darf deutsche Gewehre nachbauen

Genehmigung noch von der Regierung Kohl erteilt

Von Helmut Lölhöffel

Kurz vor dem Machtwechsel in Bonn im vorigen Jahr hat die alte Bundesregierung unter Helmut Kohl gebilligt, dass die Türkei eine eigenständige Massenproduktion deutscher Heckler & Koch-Gewehre aufbauen kann. Die Frankfurter Rundschau erfuhr am Freitag in Berlin, dass die Genehmigung für diese Lizenzproduktion im Sommer 1998 erteilt wurde.

BERLIN, 19. November. "Die Bundesregierung hat 1998 die Ausfuhr von Ausrüstungen, Einzelteilen, Technologieunterlagen und Software zur Herstellung des automatischen Gewehrs HK 33 in die Türkei genehmigt", bestätigte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Siegmar Mosdorf (SPD), ohne ein genaues Datum zu nennen. Auf Anfragen der Grünen-Abgeordneten Angelika Beer und Christian Sterzing antwortete Mosdorf schriftlich am 12. November, dass die türkische Armee auch die Lieferung kompletter Gewehre beantragt habe. "Eine Entscheidung hierüber ist nicht getroffen worden." Über Einzelheiten könne er wegen des Geschäftsgeheimnisses keine Auskunft geben, so Mosdorf. Wie viele der automatischen Gewehre die Türkei herstellen will, ist nach Angaben des Staatssekretärs "hier nicht bekannt". Bekannt ist jedoch, dass die Türkei dabei ist, die Bewaffnung ihrer Streitkräfte von den alten deutschen G-3-Gewehren des Kalibers 7,62 Millimeter auf das in der Nato gängige Kaliber 5,56 Millimeter umzurüsten, und sich zum Nachbau des HK 33 entschlossen hat. Nach Informationen aus der Rüstungsindustrie soll die Produktion auf 500 000 Gewehre angelegt sein. Ob die Türkei die selbst hergestellten Waffen weiter verkaufen darf, ist nicht bekannt.

Nach Einschätzung des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit hat die alte Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP ihrer rot-grünen Nachfolgerin mit der Zustimmung zu der Lizenzproduktion der Gewehre "ein schweres Erbe" hinterlassen. Direktor Otfried Nassauer sagte der FR, eine Entscheidung über die Zulieferung von Gewehrteilen stehe noch an. Außerdem habe die Türkei den Wunsch, eine Fabrik für die entsprechende Munition zu bauen.