yahoo, 16. November 1999, 11:13 Uhr

CSU fordert weitere Reform des Asylrechts

Goppel verweist auf «immensen Missbrauch» - Bartling unterstützt Schily - Pro Asyl kritisiert Altfallregelung

Frankfurt/Main (AP) Die CSU fordert eine weitere Reform des Asylrechts. Ihr Generalsekretär Thomas Goppel sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Dienstagausgabe), da mit der gegenwärtigen Regelung immer noch «immenser Missbrauch» getrieben werde, müsse das Thema wieder auf die Tagesordnung. Der niedersächsische Innenminister Heiner Bartling (SPD) nahm Bundesinnenminister Otto Schily vor Attacken aus der eigenen Partei wegen seiner Kritik am Asylrecht in Schutz.

Goppel sagte, der Rückgang auf etwa 100.000 Asylbewerber pro Jahr sei angesichts einer Missbrauchsquote von 97 Prozent nur ein Teilerfolg. Künftig solle Asyl nur in der EU gesucht werden können und nicht mehr in einem bestimmten Mitgliedsstaat. Das Asylrecht dürfe auch keine finanziellen Anreize bieten, sagte der CSU-Politiker. Sachleistungen müssten vor Geldleistungen gehen. Eine völlige Abschaffung des individuellen Rechtsanspruchs auf Asyl, den es in dieser Form nur in der deutschen Verfassung gebe, lehnte Goppel ab. «Das Recht auf Asyl steht außer Frage. Es geht um die Eindämmung des Missbrauchs.»

Skeptisch äußerte sich Goppel über Verständigungsmöglichkeiten mit der rot-grünen Koalition. Schily renne nach seinem «Gesinnungswandel» bei der CSU zwar offene Türen ein. Die Bundesregierung insgesamt jedoch betreibe Ausländerpolitik nur unter dem Gesichtspunkt, wie sie damit neue Wählerschichten für sich erschließen könne.

Schily hatte erklärt, die Diskussion über dieses Thema gehöre auf die europäische Ebene, und dort werde es «noch einige Jahre dauern». Er äußerte die Erwartung, dass bei der Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechtsraumes das deutsche Asylrecht keinen Bestand haben werde.

Der niedersächsische Innenminister Bartling bekräftigte in der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» (Dienstagausgabe), Schily habe eine Änderung des deutschen Grundrechts auf Asyl gar nicht zur Diskussion gestellt. «Erst wenn wir uns in Europa auf einheitliche Regeln für ein richtiges Einwanderungsrecht verständigt haben, das ich für nötig halte, könnte auch eine Neuordnung des Asylrechts zur Debatte stehen. Das ist aber frühestens zum Ende dieser Wahlperiode der Fall, also 2002», sagte der SPD-Politiker.

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl kritisierte unterdessen die geplante Altfallregelung, die am Freitag von der Innenministerkonferenz beschlossen werden soll. Die geplante Regelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt in Deutschland sei eine «unzureichende, engherzige und blamable Scheinlösung». Tausende von Flüchtlingen, die hier seit Jahren integriert lebten, blieben außen vor, sagte Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kauffmann. Die Regelung solle zwar «vor allem für Angehörige von Staaten mit hoher Anerkennungsquote und problematischer Rückführungsmöglichkeit» gelten. Dieser Begründung widerspreche es jedoch, wenn zum Beispiel Kurden aus der Türkei von der Altfallregelung ausgeschlossen würden.