Nürnberger Nachrichten, 29.10.99

Erlangen: Alle juristischen Eingaben blieben ohne Erfolg

Kurde abgeschoben - Flug ins Ungewisse - Kritik an gnadenloser Flüchtlingspolitik

ERLANGEN - Selbst eine Verfassungsbeschwerde blieb wirkungslos: Begleitet von Protesten ist der seit fast 20 Jahren in Deutschland lebende Kurde Mustafa Dana gestern in die Türkei abgeschoben worden.

Der schwer behinderte 46-Jährige wurde am Flughafen München von den deutschen Behörden in eine Maschine nach Ljubljana (Slowenien) und weiter nach Istanbul gesetzt. Einem Mitglied des Erlanger Unterstützerkreises war es noch gelungen, für diesen Flug ein Ticket zu ergattern und mit an Bord zu gelangen. Die Gruppe setzte gestern ihre letzte Hoffnung darauf, dass der Kurde in Slowenien die Gelegenheit erhält, um politisches Asyl nachzusuchen. In Istanbul stellte sich eine Abordnung des Türkischen Menschenrechtsvereins auf Danas Ankunft ein.

In Erlangen hatten die Anwälte erfolglos versucht, die Abschiebung zu verhindern. Es war immer wieder darauf hingewiesen worden, dass der 46-Jährige wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten in der Türkei mit Verfolgung zu rechnen hat. Doch die Asylanträge, über die man seit 1980 verhandelte, waren am 21. Juli endgültig abgelehnt worden. Am Montag war Dana in den Räumen des Ausländeramtes verhaftet und in Abschiebehaft gebracht worden (wir berichteten). Eine Eingabe beim Ansbacher Verwaltungsgericht und eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht brachten keinen Erfolg mehr.

Vor seiner Ausweisung war dem an Bronchitis, Asthma und Tuberkulose erkrankten Dana durch einen Lungenfacharzt Fluguntauglichkeit attestiert worden. Ein Amtsarzt hatte dem jedoch widersprochen. Durch die Zwangsausreise wurde der Kurde von seiner in Erlangen lebenden Frau und seinen vier Kindern getrennt. Die zurückgebliebenen Familienmitglieder müssen die Bundesrepublik nach Angaben der Behörden spätestens am 18. Januar verlassen.

Der Erlanger Ausländerbeirat bedauerte die Ausweisung Danas. Als einen Skandal bezeichnete die SPD-Stadtratsfraktion die Abschiebung, die "die harte Linie der bayerischen Behörden in der Flüchtlingsfrage bestätigt". Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass der Kurde in der Türkei Verfolgungen ausgesetzt sein wird. Nach Angaben des bayerischen Flüchtlingsrates besteht eine "erhebliche Rückkehrgefährdung".

"Menschenverachtend"

Die Fraktion der Grünen im Landtag sprach angesichts der Ausweisung des kranken Dana von einer "gnadenlosen Abschiebungsmaschinerie" und einer menschenverachtenden Politik. "Offenbar will sich der Freistaat hier die Behandlungskosten sparen", sagte die Landtagsabgeordnete Christine Stahl.

Das Innenministerium widersprach den Vorwürfen. "Es gibt eben Fälle, die es über lange Zeiten verstanden haben, sich hier zu halten", sagte Christoph Hillenbrand, Sprecher des Ministeriums. "Das bedeutet aber nicht, dass man sich hier ein Bleiberecht ersitzen kann." WOLF-DIETRICH NAHR