taz, 28.10.1999 Seite 12

Kommentar: Eine Niederlage für die Grünen

Panzergeschäft: Warum der rot-grüne Kompromiss nichts taugt

Dem Kommentar in der gestrigen taz zum deutsch-türkischen Panzerdeal, der den Grünen einen kleinen Sieg attestierte, ist entschieden zu widersprechen. Denn das gequälte Ja der Grünen zum Testpanzer ist das Ja zu dem Panzerdeal insgesamt. Der Leopard II würde nach technischen Kriterien den Vergleichs-Showdown mit anderen Modellen gewinnen. So sahen es zuvor schon schweizerische und schwedische Panzertester im Vergleich mit dem britischen Chieftain, dem französischen Lerclerc und dem amerikanischen Abrams.

Gewinnt der Leopard II - was wahrscheinlich ist -das Vergleichsschießen erneut, hat die Koalition ein Problem. Die Türkei dürfte (und wird, notfalls gerichtlich) Grundsätze von Treu und Glauben geltend machen: Wer mir eine Ware per Muster offeriert, ist bereit zu liefern. Die deutsche Rüstungsindustrie geriete auch international auf den Waffenmärkten in Verruf, wenn es ihr politisch versagt würde, nach erfolgreichen Vergleichstests bestimmte Produkte weiterzugeben. Der rot-grünen Koalition stünden nach einer fiktiven Negativentscheidung zum Massenexport des Leopard II, etwa weil in Sachen Menschenrechte in der Türkei kein Wandel zu sehen ist, nicht nur die Panzermacher auf der Matte. Sie darf sich auf eine Konfrontation mit der Waffenindustrie insgesamt einstellen.

Jene, die auf eine mögliche Änderung der türkischen Menschenrechtspolitik setzen, sind blauäugig. Wer meint, die türkische Generalität ändern zu können, gar mittels eines Exportgeschäftes, kennt das Land nicht.

Aber auch der Verfahrenskompromiss ist kein grüner Sieg. Denn in nichtöffentlich tagenden Kungelgremien hat der schwächere Partner erfahrungsgemäß wenig Chancen. Und selbst wenn der Ausschuss die "politischen Grundsätze" verbal verschärfen sollte - für die Praxis heißt das nicht viel. Die EU hat auch einen schönen Kodex für Rüstungsexporte - trotzdem wird rundherum fleißig verkauft.

Die im rot-grünen Koalitionsvertrag festgelegte Bindung von Rüstungsexporten an die Menschenrechte hat ihre erste Bewährungsprobe nicht bestanden. Deshalb bildet sich derzeit im rot-grünen Umfeld eine Koalition von unabhängigen Organisationen, die als "Forum Rüstungsexport" der Regierung auf die Finger klopfen wollen. Rot-Grün kann sich in der Panzerfrage auf Widerstand ihrer eigenen Klientel einrichten.

Ulrich Albrecht Professor für Politische Wissenschaften an der FU Berlin