fr, 27.10.99

Flüchtlinge sollen arbeiten dürfen

Schleswig-Holsteins Innenminister Wienholtz fordert Riester zu Neuregelung auf

Von Karsten Plog

Schleswig-Holsteins Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) hat sich in einem Schreiben an Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) dafür ausgesprochen, das Arbeitsverbot für Flüchtlinge fallen zu lassen und in Einzelfällen eine Arbeitserlaubnis zu erteilen. Gegenwärtig dürfen sie nicht arbeiten, wenn sie nach dem 15. Mai 1997 eingereist sind.

HAMBURG, 26. Oktober. Der Kieler Innenminister Wienholtz will, dass das Arbeitsverbot für ausländische Flüchtlinge aufgehoben wird. Bei dem gegenwärtigen rigorosen Arbeitsverbot haben Flüchtlinge keine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt ausschließlich oder überwiegend aus eigenem Einkommen zu bestreiten, heißt es in dem am Dienstag in Kiel veröffentlichten Schreiben an Riester. Sie befänden sich damit in einem Teufelskreis, denn die positive Entscheidung über den Verbleib in der Bundesrepublik sei in vielen Fällen davon abhängig, dass Ausländer ihren Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe bestreiten könnten. Ein Asylbewerber, der Geld verdienen könne, entlaste zudem die öffentlichen Haushalte, wenn dieses Geld auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angerechnet werden könne. Das Arbeitsverbot verhindere darüber hinaus, dass der Arbeitsmarkt flexibel auf regionale und kurzfristige Bedürfnisse reagieren könne und es führe dazu, dass Ausländer Geld mit Schwarzarbeit zu verdienen versuchten.

Wienholtz glaubt nicht, dass eine Lockerung des Arbeitsverbots zu neuer Verdrängung einheimischer Kräfte auf dem Arbeitsmarkt führt. Die hohe Arbeitslosigkeit darf nach seinen Worten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nur wenige Bereiche gebe, in denen Asylbewerber und Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten arbeiten könnten. In Schleswig-Holstein sei insbesondere die Gastronomie von ausländischen Kräften abhängig. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Einschränkung, dass freie Arbeitsplätze zunächst deutschen und in zweiter Linie Arbeitnehmern aus der Europäischen Union angeboten werden, solle selbstverständlich nicht aufgehoben werden.

Wienholtz setzt sich schließlich für ein Zuwanderungsgesetz ein. Die Diskussion darüber sei keineswegs akademisch, meinte er im Hinblick auf eine entsprechende Äußerung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD). "Wenn wir morgen noch in Wohlstand leben wollen, müssen wir heute bereits die Weichen in Richtung kontrollierter Zuwanderung stellen", sagt Wienholtz. Ohne Zuwanderung qualifizierter junger Menschen werde es dramatische Veränderungen für die Wirtschaft und die sozialen Sicherungssysteme hierzulande geben.