Giessener Anzeiger u.a., 26.10.99

Türkei und Israel wollen Zusammenarbeit ausbauen

Barak als erster israelischer Ministerpräsident zu offiziellem Besuch in Ankara - "Kooperation nicht gegen Drittländer gerichtet"

ANKARA (AP). Die Türkei und Israel wollen trotz Bedenken ihrer Nachbarländer ihre Zusammenarbeit auf politischem, wirtschaftlichem und militärischem Gebiet fortsetzen. Das betonten die Ministerpräsidenten beider Länder, Bülent Ecevit und Ehud Barak, am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Ankara. Barak hält sich zum ersten offiziellen Besuch eines israelischen Regierungschefs derzeit in der Türkei auf. Barak betonte, die Kooperation zwischen beiden Ländern sei nicht gegen irgendein anderes Volk oder Land gerichtet.

Zuvor eröffneten Barak und Ecevit in einem Vorort der nordwestanatolischen Stadt Adapazari 312 in Israel gebaute Fertighäuser für obdachlose Opfer des schweren Erdbebens vom 17. August. Bei der feierlichen Schlüsselübergabe sagte Barak, im Bewusstsein des tragischen Anlasses übergebe Israel das Dorf aus Fertighäusern der Türkei in Freundschaft. Mit den Häusern werde "ein menschliches Kapitel in den Beziehungen zwischen beiden Völkern und Regierungen" aufgeschlagen.

Beide Länder hatten in den vergangenen Jahren ihre politische, wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit ausgebaut, was besonders von Syrien, Iran und Irak misstrauisch beobachtet wird. Als bisher einziger israelischer Regierungschef hatte sich 1958 der damalige Ministerpräsident David Ben Gurion in der Türkei aufgehalten, allerdings zu einem Geheimbesuch.

Während seines eintägigen Besuches wollte sich Barak, der auch das Verteidigungsressort innehat, noch mit dem türkischen Verteidigungsminister Sabahattin Cakmakoglu sowie mit Staatspräsident Süleyman Demirel treffen. Beide Seiten wollten über verschiedene Waffengeschäfte, über den Nahost-Friedensprozess und über die EU-Beitrittskandidatur der Türkei sprechen. Außerdem will das unter chronischem Wassermangel leidende Israel in der Türkei Wasser kaufen.