fr, 26.10.99

Kommentar Die Spur des Leoparden

Kriegsgerät ist kein Spielzeug, und über Menschenrechte darf nicht im Toberaum entschieden werden

Von Helmut Lölhöffel

Schon bevor ein deutscher Probe-Panzer in die Türkei rollt, hinterlässt er eine zerstörerische Spur. Sie ist gepflastert mit außen-, innen- und koalitionspolitischen Scherben. Anscheinend macht sich die rot-grüne Regierung nicht bewusst, was sie mit ihrem Test-Leo angerichtet hat. Wieder einmal zeigt sich, dass das Management der Regierung nicht funktioniert und dass sie nach wie vor nicht gelernt hat, mit hochsensiblen Fragen vernünftig umzugehen. Kriegsgerät ist kein Spielzeug, und über Menschenrechte darf nicht im Toberaum entschieden werden.

Ganz gleich, wie die roten und die grünen Koalitionsparteien - der sonst an dieser Stelle verwendete Begriff "Koalitionspartner" wird allmählich unpassend - ihren Kompromiss bemänteln, schon jetzt haben sie einen Imageschaden bewirkt, der sie noch lange verfolgen wird. Es nützt nämlich nichts, nach Spitzfindigkeiten zu suchen, um einen offenkundigen Bruch moralischer Prinzipien zu kaschieren. Und in spätestens zwei Jahren, wenn über die Lieferung von tausend deutschen Leopard-Panzern für die türkische Militärmacht entschieden werden muss, werden die Regierenden von ihrer eigenen Doppelbödigkeit eingeholt. Oder sie haben dann schon gar keine Skrupel mehr.

Abgesehen davon, dass der Entscheidungsprozess unkoordiniert und regelwidrig ablief, ist Außenminister Fischer in Erklärungsnot: Wiederaufbau nach dem Erdbeben? Aufrüstung? Kurden? Zypern? Menschenrechte? "Neue Türkeipolitik"? Wo ist die Linie? Wo die Glaubwürdigkeit? Ein Gesamtkonzept fehlt. Nicht einmal eine Botschaft ist erkennbar.