AFP-Journal, 23.10.99

Fischer angeblich Störer bei Rüstungsgeschäften

Interner Bericht kritisiert offenbar "Wackelpolitik" Fischers

Fischer (EPA) Im Bundesverteidigungsministerium gibt es offenbar wachsenden Unmut über den Widerstand der Grünen gegen milliardenschwere Waffenexporte. Die "Berliner Morgenpost" berichtete aus einem internen Papier des SPD-geführten Ministeriums, wonach "maßgeblich auf Betreiben" von Außenminister Joschka Fischer "überfällige Entscheidungen vertagt worden" seien. Der Bundesregierung lägen seit geraumer Zeit zahlreiche Exportanträge namhafter deutscher Unternehmen vor, die verzögert würden. Die Exporte seien "zwingend nötig, weil die deutsche Rüstungsindustrie mit Aufträgen der Bundeswehr allein nicht überleben kann". Diese "Wackelpolitik" schade dem Ansehen unseres Landes, heißt es weiter. SPD und Grüne wollen in einer Koalitionsrunde am Montagabend nicht nur über die Lieferung eines Testpanzers an die Türkei, sondern über Rüstungsexporte insgesamt reden. Dem Zeitungsbericht zufolge ist dem internen Papier eine Liste mit 22 Exportanträgen beigefügt, unter anderem für Minenjagdboote für die Türkei, Panzergetriebe für Israel, Kampfhubschrauber für Südkorea, Torpedos für Chile sowie automatische Waffen für Ägypten und Saudi-Arabien. Für viele Länder hätten Rüstungsexporte aus Deutschland "Schlüsselfunktionen für das Geschäftsgebaren" auch bei zivilen Gütern und Dienstleistungen", heißt es in dem Papier weiter. "Wirtschaftliche und außenpolitische Notwendigkeiten dürfen nicht auf dem Altar grün-roter Ideologen geopfert werden."

Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) rechtfertigte in der "Magdeburger Volksstimme" die Entscheidung des Bundessicherheitsrates, der Türkei den Panzer zu liefern. "Man kann nicht auf der einen Seite die Türkei als einen Nato-Partner von strategischer Bedeutung ansehen und sie in die Runde der Beitrittskandidaten der Europäischen Union aufnehmen, wenn man auf der anderen Seite mit der Türkei nicht kooperiert", sagte Scharping.

Der Bundessicherheitsrat hatte am Mittwoch mit drei gegen zwei Stimmen entschieden, der Türkei einen Leopard II zu Testzwecken zu liefern. Dagegen stimmten Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), dafür waren neben Scharping Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos).

Grünen-Geschäftsführer Reinhard Bütikofer hatte am Freitag eine außerparlamentarische Kampagne gegen das Waffengeschäft mit der Türkei angekündigt, worauf die SPD mit scharfer Kritik reagierte.