Südwest Presse, 24.10.99

Kurden-Abschiebung stößt auf Widerstand

Behörden Unmenschlichkeit vorgeworfen

500 Demonstranten haben bei einer Kundgebung vor dem Freiburger Regierungspräsidium gegen die Abschiebung des Kurden Ömer Polat in die Türkei protestiert.

FREIBURG · Vor elf Tagen griff die Polizei zu: Ömer Polat wurde am 12.Oktober auf dem Standesamt in Markdorf (Bodenseekreis) verhaftet. Der 41-Jährige wollte dort mit seiner deutschen Freundin sein Hochzeitsaufgebot bestellen. Im Nebenraum warteten bereits die Polizeibeamten. Am gleichen Tag wurde der Kurde über den Flughafen Stuttgart in die Türkei abgeschoben. Polats Asylantrag sowie mehrere Folgeanträge waren abgelehnt worden.

Bei der Demonstration gegen Polats Abschiebung am späten Donnerstagabend in Freiburg forderten die Teilnehmer auch die Duldung seines 13-jährigen Sohnes, Sükrü, der sich seit dem Sommer versteckt hält. Mitschüler des Jungen hatten zuvor dem südbadischen Regierungspräsidenten Sven von Ungern-Sternberg einen Brief überreicht. Darin schreiben die 25 Schüler der Klasse 4d der Weiherhofgrundschule in Freiburg-Herdern: ¸¸Sükrü ist seit der ersten Klasse unser Freund und er fühlt sich bei uns sehr wohl.'' Die Schüler schreiben weiter: ¸¸Wir haben Angst um Sükrüs Vater, weil wir gehört haben, dass er in der Türkei vielleicht gefoltert wird. Und wir haben Angst um Sükrü, weil wir nicht wissen, ob es ihm gut geht.''

Schon vor den Auseinandersetzungen um die Abschiebung hatten sich politische und kirchliche Persönlichkeiten um eine Lösung des ¸¸Falls Polat'' bemüht. Polats älterer Sohn Mehmet war bereits im Mai abgeschoben worden, der jüngere Sohn Sükrü konnte sich im Juli einer Abschiebung entziehen und wird seither versteckt gehalten. Polats Bruder, der den selben Verfolgungshintergrund hat, war politisches Asyl gewährt worden.

Gleichgültigkeit kritisiert

Pfarrer Christian Keller, der neben dem Diakonischen Werk Freiburg sowie anderen Gruppierungen in Freiburg zur Demonstration aufgerufen hatte, warf den Behörden ¸¸Unsensibilität'' vor. Er stelle eine zunehmende Gleichgültigkeit der Behörden im Umgang mit Asylbewerbern fest, erklärte Keller. Diese Gleichgültigkeit aber sei ¸¸politisch gewollte Inhumanität''.

Das Freiburger Regierungspräsidium lehnte auf Anfrage jede Stellungnahme dazu ab.epd