AP 21.10.1999 14:06

Anwälte Öcalans wollen neue Verhandlung

Ankara (AP)

Die Anwälte des zum Tod verurteilten PKK-Chefs Abdullah Öcalan haben in der Berufungsverhandlung am Donnerstag ein neues Verfahren mit abgeschwächter Anklage gefordert. Der Führer der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) solle nicht wegen Hochverrats, sondern wegen Anführung einer verbotenen Organisation vor Gericht gestellt werden. Als Höchststrafe drohte ihm dann lebenslänglich. Nach Ansicht der Anwälte war der erste Prozess nicht fair. Vor dem Gerichtsgebäude in Ankara verlangten rund 200 Angehörige im Kampf gegen die PKK gefallener Soldaten Öcalans rasche Hinrichtung.

Das Gericht vertagte sich nach einer vierstündigen Anhörung. Es wird am 25. November wieder zusammentreten und seine Entscheidung verkünden. In der Berufung kann das Urteil bestätigt, oder es kann ein neuer Prozess angeordnet werden. Dogan Erbas, einer der sechs Anwälte, sagte, das Verfahren sei juristisch anfechtbar gewesen, da Öcalan von türkischen Soldaten illegal aus Kenia verschleppt worden sei. Außerdem hätten sie mit ihrem Mandanten im Gefängnis nur im Beisein von vermummten Wachen sprechen dürfen. Öcalan war am 29. Juni zum Tod verurteilt worden.

Falls das Urteil für rechtmäßig erklärt wird, muss es vom Parlament und Staatspräsident Süleyman Demirel bestätigt werden, bevor es vollstreckt werden kann. Das Parlament hat seit 15 Jahren kein Todesurteil mehr bestätigt. Anwalt Erbas sagte dazu, das bedeute nicht, dass es im Fall Öcalans genauso verlaufen müsse.

Öcalan wird von den meisten Türken für die 37.000 Toten des 15-jährigen kurdischen Unabhängigkeitskampfes verantwortlich gemacht. Bereits vor seinem Prozess hat er der Gewalt abgeschworen, der Justiz seine Mithilfe angeboten und die PKK-Kämpfer zur Aufgabe aufgefordert. Die PKK verkündete daraufhin eine einseitige Waffenruhe und zog einige ihrer Kämpfer aus der Türkei ab; mehrere Mitglieder stellten sich demonstrativ den Behörden. Die türkischen Streitkräfte sind auf die Friedensangebote bisher nicht eingegangen.