sz, 21.10.

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Härtetest für Rot-Grün

Die Argumente sind ausgetauscht, der Kanzler hat mit seiner Stimme eine Entscheidung erzwungen und jetzt brennt es in der Koalition. Die Lieferung eines Panzers für Testzwecke in die Türkei ist mit solch hoher Symbolik behaftet, dass Rot-Grün erst am Beginn einer heftigen Auseinandersetzung steht. Der Streit berührt das Selbstverständnis der Regierungsparteien.

Der türkische Wunsch nach dem Leopard-II hat die Bundesregierung in eine Zwangslage gebracht, weil die außenpolitische Beurteilung des Vorgangs uneindeutig und die innenpolitische Reaktion in Deutschland unkontrollierbar sind. Außenminister Fischer argumentiert, die Türkei müsse nach dem Erdbeben andere Prioritäten haben. Außerdem seien Panzer der schlechteste Garant für Stabilität und Reformbereitschaft in einer labilen Gesellschaft. Dieses Argument unterschätzt die symbolische Bedeutung der Waffenlieferung für einen Bündnispartner und für ein Militär, das im westlichen Sinn ein Bollwerk gegen den radikalen Islam darstellt. Möglicherweise traut Fischer der Türkei auch zu viel zu, wenn er an die politische Vernunft argumentiert und jetzt das Verhalten eines EU-Beitrittskandidaten einfordert.

Die Entscheidung Schröders - der Prototyp wird geliefert, über den Auftrag ist damit aber nicht entschieden, weil er von der Lage in der Türkei in zwei Jahren abhängt - dieser Kurs ist deshalb im außenpolitischen Sinne klug. Schröder brüskiert den Bündnispartner nicht, fordert ihn aber heraus. Innenpolitisch kann sich der Kanzler allerdings nicht glücklich schätzen. Der Regierungspartner und Teile der SPD sind zutiefst getroffen, der Außenminister ist beschädigt. Die Koalition ist in der Krise. eli