Kölner Stadtanzeiger, 20.10.99

Kirchenasyl: Aus Dank das Kind Maria getauft

Die Familie Gülenc aus Bedburg ist weiterhin von Abschiebung bedroht

Von Anja Musick

Bedburg - In wenigen Tagen ist es soweit. Dann wird die kurdische Familie Gülec vor dem Kölner Verwaltungsgericht erfahren, wie ihre Zukunft aussieht. Muss sie zurück in die Türkei? Oder darf sie bleiben? Der Richter wird über den Asylfolgeantrag entscheiden.

Im vergangenen Februar ist die zehnköpfige Familie ins Bedburger Kirchenasyl geflüchtet, denn in ihrem ursprünglichen Wohnort Altenkirchen/Rheinland-Pfalz drohte die Abschiebung. In Altenkirchen landete die Familie 1988, denn in der Türkei wurden Gülecs wegen angeblicher Unterstützung der kurdischen Untergrundbewegung PKK vom türkischen Militär bedroht.

"Die Anspannung ist mittlerweile enorm groß", berichtet Margret Rieve von der katholischen Gemeinde St. Lambertus. Erschwerend kommt hinzu, dass die Mutter vor einigen Wochen im Bergheimer Krankenhaus eine kleine Tochter zur Welt gebracht hat. Die Geburt sei schwierig gewesen, berichtet Rieve. Die moslemischen Eltern Alaittin und Saliha Gülec hätten aus Dankbarkeit für die Hilfe der katholischen Kirchengemeinde das Baby Maria genannt. Doch wegen der kleinen Maria würden die Existenzängste noch größer.

"Wir hoffen, dass die Gülecs ein dauerhaftes Bleiberecht zuerkannt bekommen und damit wieder legal in Deutschland leben dürfen", sagt Rieve. Damit sich die Chancen auf eine Aufenthaltsgenehmigung erhöhen, sei die kurdische Familie gezwungen, so oft wie möglich öffentlich in Erscheinung zu treten. "Wir haben etwa an allen Veranstaltungen des ökumenischen Netzwerks Wanderkirchenasyl teilgenommen und waren auch dabei, als die Organisation in Aachen den Friedenspreis bekommen hat", erzählt Rieve.

Denn wenn das Schicksal der Kurden transparent sei, werde die türkische Regierung vielleicht auf deren politische Aktivitäten in Deutschland aufmerksam. Dann drohten bei einer Abschiebung Gefahren in der Türkei und es sei wahrscheinlicher, dass sie bleiben dürften - eine fast schon paradoxe Logik, die zugleich Ängste schürt und Hoffnung aufkeimen lässt. So würden in den kommenden Tagen auch Plakate mit den Namen aller kurdischen Flüchtlinge - in Nordrhein-Westfalen lebten über 450 im Kirchenasyl - in Städten aufgehängt, erzählt Rieve. Auch im Erftkreis würden etliche zu sehen sein. KStA