Höchster Kreisblatt, 11.10.1999

15 000 Kurden demonstrierten friedlich für Öcalan

Von Gernot Gottwals

Frankfurt. Unter dem Motto "Nein zur Todesstrafe - Freiheit für Abdullah Öcalan" bestimmten am Samstag 15000 kurdische Demonstranten das Straßenbild von der Alten Oper bis zum Rebstock. Die Demonstration verlief insgesamt friedlich - nach Angaben der Polizei gab es, abgesehen von ein paar Rangeleien, keine besonderen Vorkommnisse. Vereinzelt wurden Schlagwerkzeuge und Schreckschusspistolen beschlagnahmt. Die befürchteten Verkehrsbehinderungen in der Stadt und auf den Autobahnen blieben weitgehend aus, abgesehen von einzelnen Kontrollpunkten wie der Kennedyallee und der Gerbermühlstraße. "Gemessen an der Zahl der Demonstranten sind all diese Vorkommnisse kaum der Rede wert", erklärte Polizeisprecher Franz Winkler.

Die beiden Demonstrationszüge starteten auf dem Opernplatz und an der Bockenheimer Warte und trafen sich zu einer Großkundgebung auf dem Rebstockgelände. Aufgerufen hatte die "YEK-KOM", die Föderation kurdischer Vereine in Deutschland, die teilweise der PKK nahe stehen. Auch aus dem benachbarten Ausland, vor allem aus Österreich, waren viele Teilnehmer angereist. Insgesamt fanden die Märsche wohl nicht die gewünschte Resonanz; trotzdem beobachteten viele Zaungäste die Demonstranten, die mit Rufen, Transparenten und Bildern ihres Führers "Freiheit für Öcalan" forderten. Einige Demonstranten belebten die Züge folkloristisch und spielten, gekleidet in traditionelle Trachten, mit Trommeln und Flöten kurdische Lieder. Andere gaben sich kämpferischer und marschierten mit Halstüchern in den kurdischen Farben und PKK-Ansteckern auf. "Fahnen wurden beschlagnahmt, wenn sie mit verbotenen Abzeichen der PKK versehen waren", erklärte Winkler. Einige wenige hatten ihre Kleidung mit Bildern von PKK-"Märtyrern" beklebt, die nach eigenen Angaben "von deutschen Polizisten totgeschlagen" worden waren.

Doch der Mehrheit der Teilnehmer ging es nicht darum, Konfrontationen mit der Polizei zu provozieren, sondern durch einen friedlichen Zug die Friedensbereitschaft ihres Volkes zu beweisen. Die gute Zusammenarbeit mit der Polizei zeigte sich auch durch den Einsatz der "Göremli" (Vertraute), den Ordnungskräften der kurdischen Vereine. Auf Anweisung der Polizei riefen sie die Teilnehmer zur Ordnung und verhinderten dadurch Zwischenfälle schon im Vorfeld.

Seit Öcalan offiziell eine friedliche und politische Lösung des Kurdenproblems anbietet, hoffen die kurdischen Vereine auf Erfolg beim Berufungsverfahren, das vor dem Kassationsgericht in Ankara gegen das Todesurteil ihres Führers läuft. "Wenn Öcalan freikommt, will er sich im Gegenzug für einen totalen Gewaltverzicht der PKK einsetzen", betonte Ismet Celik aus dem Vorstand der "YEK-KOM". Andererseits sei der gewaltsame Widerstand ein Mittel der Notwehr gewesen, um auf die Unterdrückung seines Volkes aufmerksam zu machen. "Ein eigener Kurdenstaat ist nicht nötig, die Kurden wollen nur die gleichen freiheitlichen Grundrechte wie die Türken" erklärte er.

Auf der Kundgebung betonte Murat Cakir, Vorsitzender der Immigrantenveine aus der Türkei, das positive Signal einer friedlichen Kurdendemonstration in Deutschland. Eine härtere Gangart gegen die türkische Regierung forderte Lord Rea, Abgeordneter des britischen Oberhauses. Und Luigi Saraceni, der Öcalan im italienischen Asylverfahren vertreten hatte, betonte: "Die türkische Regierung muss sich vor Augen halten, dass Öcalan in Italien Asylrecht genießt".