Frankfurter Rundschau 11.10.1999

"Ergreift die zum Frieden ausgestreckte Hand"

Kurden-Demonstration als "positives Signal" gewertet

Als Friedensangebot wollten die Veranstalter die große Kurden-Demonstration verstanden wissen, die am Samstag durch Frankfurt zog. Dass die Stadt den Aufmarsch der laut Polizeischätzung rund 20 000 nach 1994 zum ersten Mal wieder gestattet hatte, nannten sie "ein positives Signal".

Die Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland, Yek-Kom, hatte die kurdischen Emigranten zusammengerufen - just an dem Tag, an dem vor einem Jahr die türkische Regierung an Syrien ihr Ultimatum zur Auslieferung des Kurdenführers Abdullah Öcalan übermittelt hatte. Gegenwärtig steht dem zum Tode Verurteilten die auf den 21. Oktober verschobene Revisionsverhandlung vor dem Kassationsgericht in Ankara bevor.

Die Demonstranten trugen massenhaft Fahnen mit dem Öcalan-Porträt durch die weiträumig abgesperrte City. "Öcalan hat den ersten Schritt getan, dass die beiden Völker, Türken und Kurden, in der Region miteinander leben können", unterstrich Ahmet Avsar, Anwalt des inhaftierten PKK-Führers, in Anspielung auf dessen Aufruf, den bewaffneten Kampf zu beenden. Murat Cakir, Bundesvorsitzender der GDF, der Immigrantenvereine aus der Türkei, sagte bei einer improvisierten Pressekonferenz vor der Kundgebung auf dem Rebstockgelände, dass man nun auch von der Bundesregierung Initiativen für eine veränderte Politik gegenüber den in Deutschland lebenden Kurden erwarte. Die Verbote kurdischer Organisationen hätten "die Situation eskalieren lassen". "Kurdische Immigranten", führte Cakir bei der Kundgebung aus, "wurden in die Illegalität getrieben, gewalttätige Auseinandersetzungen geradezu heraufbeschworen".

"Wir möchten Frieden haben, wir haben die Zeichen der Zeit verstanden", betonte Heike Hildebrand von Yek Kom; es gebe "keine Feindschaft zwischen dem türkischen und dem kurdischen Volk - nur Probleme mit einer Regierung".

"Seid endlich bereit, die zum Frieden ausgestreckte Hand der Kurden zu ergreifen!" schloss der Politikwissenschaftler Professor Andreas Buro seine Ansprache. Bisher habe sich, was die Verbote gegen kurdische Organisationen betreffe, "die neue Regierung nicht anders verhalten, als die alte". Auch die USA oder die Europäische Union hätten "im Gegensatz zu ihren Beteuerungen, dass sie sich für Menschenrechte engagierten, an die Türkei eher Waffen geliefert". clau