Frankfurter Rundschau, 8.10.1999

Berufungsprozess gegen Öcalan vertagt

öhl ATHEN, 7. Oktober. Der Kassationshof in Ankara hat am Donnerstag das Berufungsverfahren gegen den PKK-Führer Abdullah Öcalan vertagt.

Öcalan war Ende Juni vom Staatssicherheitsgericht Ankara wegen Hochverrats zum Tode verurteilt worden. Todesurteile gehen in der Türkei automatisch in die Revisionsinstanz. Mit der Vertagung kam das Gericht den Verteidigern entgegen, die einen Aufschub beantragt hatten, um sich besser vorbereiten zu können. Einer der Öcalan-Anwälte, Dogan Erbas, kündigte an, die Verteidigung werde beantragen, den Prozess von vorn aufzurollen. Angesichts der jüngsten Friedensappelle Öcalans und des Rückzugs der PKK-Kämpfer aus der Türkei sei das verhängte Todesurteil "unfair". Die Anwälte bemängeln auch, dass sie während des Verfahrens nie unbeaufsichtigt mit ihrem Mandanten sprechen konnten.

Öcalan selbst, der auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer inhaftiert ist, nahm an der unmittelbar nach Beginn vertagten Sitzung nicht teil. Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich aber viele Hinterbliebene gefallener Soldaten versammelt. Sie forderten in Sprechchören die sofortige Hinrichtung Öcalans.

Die Verhandlung soll nun am 21. Oktober beginnen.