Frankfurter Rundschau 8.10.1999

Kronzeugenregelung vor dem Aus

Rot-Grün will "zweifelhaftes" Instrument überprüfen

Von Vera Gaserow

Die umstrittene Kronzeugenregelung wird voraussichtlich nicht über das Jahr 2000 hinaus verlängert. SPD und Bündnisgrüne sind sich aber offenbar nicht einig, ob sie nicht in modifizierter Form Eingang ins Strafgesetzbuch finden sollte.

BERLIN, 7. Oktober. Bei der ersten Lesung eines Gesetzentwurfs der CDU/CSU, die im Dezember auslaufende Kronzeugenregelung um weitere drei Jahre zu verlängern, haben SPD und Grüne weiteren Prüfbedarf für dieses rechtspolitisch "zweifelhafte" Instrument angemeldet. Die Union warf der Regierungskoalition am Donnerstag vor, mit dieser Prüfung die Regelung "sang- und klanglos" beerdigen zu wollen.

Die seit 1989 geltende Kronzeugenregelung gewährt geständigen Straftätern aus der terroristischen Szene und dem Bereich der organisierten Kriminalität deutliche Strafnachlässe, wenn sie zur Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden bereit sind. Sie zielte ursprünglich auf Mitglieder aus der Roten Armee Fraktion, wurde aber bei dieser Gruppe nur von einigen wenigen genutzt, die sich ohnehin schon vom Terrorismus losgesagt und in die DDR abgesetzt hatten. Das Ziel, mit Strafnachlässen aktive Mitglieder aus der Terror-Szene "herauszubrechen", sei nicht erreicht worden, räumten am Donnerstag auch Redner der Union ein. Im Kampf gegen die PKK und die Organisierte Kriminalität habe sich die Kronzeugenregelung jedoch bewährt.

SPD und Grüne, einst vehemente Kritiker "dieses Kuhhandels des Staates mit Schwerverbrechern", äußerten in der Debatte jetzt eher in moderaten Worten Zweifel an einer Verlängerung. In der jetzigen Form, so signalisierten die Grünen, könne die Regelung nicht weiter Bestand haben. Rechtspolitiker der SPD äußerten zwar Bedenken, legten sich aber nicht auf ein definitives Veto gegen die Kronzeugenregelung fest. Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) enthielt sich in ihrem Debattenbeitrag einer Äußerung zu dem stritigen Thema .