Berliner Morgenpost, 8.10.1999

Haftbefehl für Funktionär der PKK

43-Jähriger in Berlin gefasst - Hauptamtlicher «Reisekader» nach Karlsruhe überstellt

Von Vera Fischer

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat am Mittwoch gegen einen PKK-Funktionär aus Berlin Haftbefehl erlassen. Das teilte gestern die Bundesanwaltschaft mit. Der 43-jährige türkische Staatsangehörige Hassan B. war bereits am Dienstag von Beamten des Bundeskriminalamts aus seiner Wohnung im Wedding geholt und nach Karlsruhe gebracht worden. Zur Verhaftung eines PKK-Aktivisten am Dienstag in Paris bestehe jedoch kein Zusammenhang, sagte eine Sprecherin.

Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte gegen den PKK-Reisekader Hassan B. einen Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Urkundenfälschung erwirkt, teilte die Sprecherin mit. Er sitzt jetzt in Untersuchungshaft.

B. soll seit August 1996 hauptamtlicher Führungsfunktionär des sogenannten Heimatbüros der PKK sein, das hauptsächlich Reisen von Kadern und Kurieren organisiert. Dafür soll er auch in großer Zahl Ausweispapiere gefälscht haben.

Die Bundesanwaltschaft rechnet mit mehrmonatigen Ermittlungen des Bundeskriminalamts in Wiesbaden. Nach Informationen aus Kurdenkreisen stammt B. aus der osttürkischen Stadt Tunceli und lebt schon länger in Europa. Als Vertreter der PKK-Propagandaorganisation Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) sei er bereits mehrfach bei Pressekonferenzen aufgetreten und auch nicht das ersten Mal verhaftet worden, hieß es.

Nach dem in Paris festgenommenen Abdullah Öcalan war wegen der Februar-Proteste am griechischen und israelischen Generalkonsulat in Berlin und verschiedener weiterer Vorfälle gefahndet worden, teilte die französische Polizei mit. Er wurde der für Auslieferungshaft zuständigen Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übergeben.

Unterdessen wurde in der Türkei das Revisionsverfahren des zum Tode verurteilten, gleichnamigen PKK-Chefs Abdullah Öcalan auf Antrag der Verteidigung gleich nach dem Auftakt am Donnerstag wieder auf 21. Oktober vertagt. Die vor dem Gericht versammelten Verwandten von PKK-Opfern reagierten mit Buh-Rufen. An der Sitzung nahmen auch Vertreter ausländischer Botschaften, darunter der deutschen, teil.