Ruhr Nachrichten, 6.10.1999

Kurde Hasan Tayfun sitzt in Vechta in Abschiebehaft

Festnahme aus Wanderkirchenasyl in der Preußengemeinde

Lünen-Süd (fim) - Allen Zusicherungen zum Trotz wurde der Kurde Hasan Tayfun, der im Wanderkirchenasyl in der Evangelischen Gemeinde Preußen lebte, am Donnerstag vor den Augen seiner Frau im Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Oldenburg verhaftet.

"Wir hatten mündliche Zusagen des Bundesamtes und der Ausländerbehörde in Jever, dass der Haftbefehl nicht vollstreckt würde", berichtet Pfarrer Christoph Diestelhorst, der Tayfuns nach Oldenburg begleitete. Nach dem Gespräch über die Aussichten weiteren Asyls für Tayfun und seine Familie verließ der Entscheider den Raum - unter dem Vorwand, auf die Toilette zu müssen. "In dieser Zeit muss er die Ausländerbehörde informiert haben", spekuliert Diestelhorst. "Die musste nun reagieren, um sich keines Amtsvergehens schuldig zu machen."

Nach einem Gespräch mit Tayfuns Frau Hatice wurde Diestelhorst alleine in einen Raum gebeten - angeblich um rechtliche Fragen zu klären. Tayfuns warteten auf dem Flur. "Als die Polizisten kamen, wusste ich sofort, dass sie wegen uns kommen", erinnert sich Hatice Tayfun. "Mein Mann hat gebeten, zu warten bis sein Begleiter kommt, aber sie haben ihn einfach weggebracht."

Landtags-Mitglied Annegret Krauskopf (SPD) ist entrüstet über die Verhaftung: "Das Verhalten des Entscheiders ist menschlich verwerflich." Auch die Politik müsse Konsequenzen ziehen: "Es ist unmöglich, dass ein einziger Mensch über ein Menschenleben entscheiden darf."

Tayfun sitzt jetzt in der Justizvollzugsanstalt Vechta in Abschiebehaft. Die Verantwortlichen für das Wanderkirchenasyl warten auf die Entscheidung über den gestellten Asylfolgeantrag. Wird er abgelehnt, muss so schnell wie möglich ein Eilantrag auf Haftentlassung gestellt werden. "In der Lücke zwischen abgelehntem Folgeantrag und Eilantrag kann abgeschoben werden", erklärt Diestelhorst. Inzwischen wurde der niedersächsische Innenminister eingeschaltet. "Es gibt einen Brief von Innenminister Behrens, in dem er zusichert, Flüchtlinge im Wanderkirchenasyl nicht abzuschieben", erklärt Ewald Groth, Mitglied des Landtages (Bündnis 90/Die Grünen). "Er muss dafür sorgen, dass die Zusage eingehalten wird."

"Die Stimmung in unserer Gemeinde schwankt zwischen Wut und Trauer", berichtet Volker Jeck, Pfarrer der Gemeinde Preußen, der sich gestern auf den Weg nach Vechta machte. "Es herrscht großes Unverständnis. Viele Gemeindeglieder haben das Gefühl, betrogen und hintergangen worden zu sein."