Südwest Presse, 31.8.1999

Schrecken überwinden

Auch viele Flüchtlinge aus dem Kosovo suchten Hilfe

Das ¸¸Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm'' weitet seine Arbeit aus. In Karlsruhe und Ludwigsburg sind Nebenstellen eingerichtet worden.

WILLI BÖHMER

¸¸Ich wünsche dem Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm, dass es auch in Zukunft ein Ort der Hoffnung und der Hilfe sein wird'', schreibt Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin im Jahresbericht der Einrichtung, die ihren Sitz im Seelengraben in Ulm hat. Seit 1995 bis Ende 1998 wurden dort 321 Menschen aus 35 Staaten betreut, die körperliche oder psychische Folgen von Folter mit Hilfe des Zentrums zu überwinden versuchten, teilte Christine Grunert mit. Die Bilanz des Schreckens: Bei 279 Menschen wurde eine ausführliche ärztliche Diagnostik erstellt, einschließlich detaillierter Gutachten und Stellungnahmen zur Vorlage bei Gericht oder bei Ausländerbehörden. 82 Menschen mussten für Spezialbehandlungen an Fachärzte oder Kliniken überwiesen werden, teilte das Behandlungszentrum mit, 69 begannen langfristige Therapien.

Viele der Menschen, die bei der Ulmer Einrichtung Hilfe suchen, befinden sich noch in einem Asylverfahren. Hinzu kamen im vergangenen Jahr Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo. Die meisten stammten jedoch aus der Türkei: 37 Prozent. Dabei handelt es sich sowohl um Türken als auch um Kurden. Speziell für Flüchtlinge aus dem Kosovo bietet das Zentrum gemeinsam mit dem Familienministerium ein Sofortprogramm an, um Langzeitschäden vorzubeugen.

Das Ulmer Behandlungszentrum unterhält inzwischen auch Außenstellen in Karlsruhe und Ludwigsburg. Das Ludwigsburger Büro sei das einzige in Deutschland, das die Menschen schon von ihrer Anhörung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge berät. Damit könnten die Informationen über Folter rechtzeitig in das Verfahren eingebracht werden. Außerdem hat das Behandlungszentrum mehrere Ärzte zur Mitarbeit im Behandlungsteam gewinnen können.