Yahoo, 26. August 1999, 15:31 Uhr

Türkische Gemeinde dankt deutschen Spendern

Kritik an Bundesregierung aber aufrecht erhalten

Hamburg (AP) Neun Tage nach der Erdbebenkatastrophe am Marmarameer hat die Türkische Gemeinde in Deutschland allen Helfern und Spendern in der Bundesrepublik für «diesen beispiellosen Akt der Menschlichkeit» gedankt. «Diese Anteilnahme ist für uns auch Ausdruck großer Solidarität und Verbundenheit mit der türkisch stämmigen Bevölkerung Deutschlands», erklärte der Vorsitzende der Organisation, Hakki Keskin, am Donnerstag in Hamburg. Er bekräftigte aber seine Kritik an der Bundesregierung, deren Hilfe für die Erdbebenopfer bislang unzureichend gewesen sei.

Keskin hatte unlängst erklärt, die inzwischen auf fünf Millionen Mark aufgestockte Soforthilfe sei unwürdig für ein Land wie Deutschland, in dem 2,3 Millionen türkische Staatsbürger leben. Zudem habe die Regierung eine Geste der Anteilnahme gegenüber der türkischen Bevölkerung vermissen lassen. Regierungsvertreter hatten diese Kritik entschieden zurückgewiesen. Keskin drückte nunmehr sein Bedauern darüber aus, dass auch private Helfer und Spender sich von seinen Äußerungen gekränkt fühlen könnten, zumal diese oft aus dem Zusammenhang gerissen worden seien. Er habe zu keinem Zeitpunkt die Hilfs- und Spendenbereitschaft der deutschen Bevölkerung in Frage gestellt.

Die Adam Opel AG stellte derweil eine Spende von 100.000 Mark für die türkischen Erdbebenopfer in Aussicht. Zusätzlich dazu werde das Unternehmen beim Opel Jubiläumsfest am kommenden Samstag einen großen Spendenaufruf starten. Die Gesamtsumme gehe an die Hilfsorganisationen Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Johanniter-Unfall-Hilfe, Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche und Deutscher Caritasverband. Allein am Opel-Standort in Rüsselsheim sind nach Firmenangaben mehr als 1.700 Türken beschäftigt. Im türkischen Opel-Werk in Torbali bei Izmir sind rund 300 Mitarbeiter tätig.

Ein Spendenaufruf in einer «Boulevard-Europa»-Sondersendung des WDR-Fernsehens brachte bis Donnerstagmittag rund 500.000 Mark ein. Damit soll das Feldkrankenhaus in Gölcük unterstützt werden, wie Redaktionsleiter Martin Hövel mitteilte. In Gölcük ist auch ein Ärzteteam des Deutschen Roten Kreuzes im Einsatz.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir warnte unterdessen davor, Spenden an staatliche türkische Stellen zu geben. Diese gingen leider sehr bürokratisch vor, sagte Özdemir im Gespräch mit Radio Bremen. Stattdessen empfahl er, Spenden an die deutschen Hilfsorganisationen, die Deutsch-Türkische Stiftung in Deutschland oder die Deutsch-Türkische Gesundheitsstiftung zu überweisen. Die Vorwürfe Keskins gegen die Bundesregierung wies Özdemir abermals zurück. Die Türkische Gemeinde spreche nicht für die Mehrheit der Türken in Deutschland.