Berliner Morgenpost, 17.8.1999

Saddam Husseins Vize in Wien angezeigt

Klinikaufenthalt soll kein Schutz sein

BM/AP Wien - Ein österreichischer Kommunalpolitiker hat in Wien Strafanzeige gegen den stellvertretenden Vorsitzenden des irakischen Revolutionsrates, Issat Ibrahim, erstattet. Ibrahim, der sich derzeit in der österreichischen Hauptstadt aufhält, sei nicht nur an der Planung der irakischen Invasion in Kuwait und an den Angriffen auf die kurdische Bevölkerung im Irak selbst beteiligt gewesen, sondern trage auch die Verantwortung für die Hinrichtung und Folterung zahlreicher irakischer Zivilisten, erklärte der Grüne Gemeinderat Peter Pilz. Als Unterzeichnerstaat des internationalen Übereinkommens gegen Folter habe Österreich damit die Pflicht, den Stellvertreter von Staatschef Saddam Hussein in U-Haft zu nehmen. Ibrahim war am 6. August nach Wien gekommen, um sich in einer Privatklinik einer Untersuchung zu unterziehen. «Österreich hat sich in den letzten Jahren zum Pflegezentrum für irakische Kriegsverbrecher entwickelt», fuhr Pilz fort. Unter anderem habe sich im vergangenen Jahr der irakische Vizepremier Tarik Asis zur medizinischen Behandlung nach Österreich begeben. Das Innenministerium in Wien hatte dem irakischen Regierungsmitglied nach eigenen Angaben aus humanitären Gründen eine einmonatige Aufenthaltsbewilligung gewährt. Innenminister Karl Schlögl erklärte gestern, in Österreich liege nichts gegen den irakischen Politiker vor. Es gebe auch keinen internationalen Haftbefehl gegen den Mann. Exil-Iraker bestätigten laut Pilz' Vorwürfe gegen Saddam Husseins Stellvertreter. Der in London lebende Oppositionelle Sahib Alhakim berichtete von Exekutionen und Folterungen zahlreicher Familienmitglieder durch das irakische Regime. Er präsentierte außerdem ein Dokument, das die Zustimmung Ibrahims zu zahlreichen Hinrichtungen bestätigen soll. Die in Wien lebende Asis Dilschad berichtete von dem Giftgasangriff auf die nordirakische Stadt Halabja 1988, den ebenfalls Ibrahim zu verantworten haben soll. Sie habe bei dem Angriff zahlreiche Familienmitglieder verloren.