AP, 10.08.1999. 12:59

Prozess um gewaltsame Kurdenproteste in Berlin

Angeklagte bei Sturm auf israelisches Konsulat angeschossen - Weiteres Verfahren am Nachmittag

Berlin (AP)- In Zusammenhang mit dem Sturm auf das israelische Generalkonsulat im Februar in Berlin müssen sich seit Dienstag vier Kurden vor dem Landgericht wegen Landfriedensbruchs in besonders schwerem Fall verantworten. Die Angeklagten im Alter zwischen 22 und 27 Jahren hatten bei den Auseinandersetzungen Schussverletzungen erlitten. Bei den Ausschreitungen am 17. Februar waren vier kurdische Demonstranten von den israelischen Sicherheitskräften getötet worden.

Ein Antrag der Verteidigung auf Unterbrechung der Hauptverhandlung, um Originalfotos in den Akten einsehen zu können, wurde von der 38. Großen Strafkammer abgelehnt. Dennoch war der erste Verhandlungstag des bis November terminierten Prozesses nach einer guten Stunde zu Ende. Die Angeklagten äußern sich nicht zu den Tatvorwürfen. Die Verteidigung hat nun bis zur Fortsetzung am 13. August Zeit für die weitere Akteneinsicht.

Der Anklage zufolge sollen die Angeklagten in einer Gruppe von 50 bis 60 Personen versucht haben, in das israelische Generalkonsulat einzudringen. Die mit Eisenstangen, Holzknüppeln und anderen Werkzeugen ausgerüstete Menge soll die Eingangstür aufgebrochen haben, um in das Gebäude zu gelangen. Um die Angreifer zurückzudrängen, hätten die israelischen Sicherheitskräfte ihre Schusswaffen eingesetzt, heißt es in der Anklage.

In einer Erklärung kritisierte die Verteidigung zu Prozessbeginn die mit der «besonderen Bedeutung» der Ereignisse im Februar begründete Zuständigkeit des Landgerichts für dieses Verfahren. Nach ihrer Ansicht müssten die Tatvorwürfe vor dem Amtsgericht verhandelt werden. Es bestehe der Verdacht, dass deutsche Behörden eigene Fehler verschleiern wollten, indem sie die Angeklagten zu besonders gefährlichen Straftätern stilisierten. Eine geplante Besetzung des Generalkonsulats sei vor den Auseinandersetzungen bekannt gewesen, ohne dass deutsche Behörden Maßnahmen ergriffen hätten, sagte Rechtsanwältin Regina Götz.

Ein weiterer Prozess gegen einen kurdischen Demonstranten sollte am Dienstagnachmittag eröffnet werden. In der Mitte Juni begonnenen Serie von Verhandlungen über die Kurdenproteste nach der Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan hat das Landgericht Berlin bereits zwei Angeklagte zu zwei Jahren beziehungsweise neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Weitere Prozesse stehen vor dem Ende.