Yahoo, 7. August 1999, 15:01 Uhr

Führender türkischer Gewerkschafter erschossen

Täter festgenommen - Möglicherweise privater Hintergrund

Zonguldak (AP) Der Generalsekretär der größten türkischen Gewerkschaftsverbandes ist am frühen Samstagmorgen erschossen worden. Wie die halbamtliche Nachrichtenagentur Anatolia meldete, wurde Semsi Denizer in seiner Wohnung in der Stadt Zonguldak am Schwarzen Meer von einem vorbestraften Verbrecher sechsmal in den Kopf geschossen. Der 49-jährige Denizer war Generalsekretär von Türk-Is (richtig) und Chef der Bergarbeitergewerkschaft Maden-Is. Seit 1991 genießt er große Popularität, nachdem er einen Marsch von 50.000 Bergarbeitern von Zonguldak ins fast 270 Kilometer entfernte Ankara anführte, um für höhere Löhne zu demonstrieren.

Als Täter wurde Cengiz Balik festgenommen, der nach Angaben den Gouverneurs von Zonguldak, Ismat Metin, den Mord gestanden hat. Denizer soll Balik 40 Millionen Lira (rund 180 Mark) geschuldet haben. Nach einem Bericht des privaten Rundfunksenders NTV sucht die Polizei außerdem nach zwei weiteren Verdächtigen.

Der Präsident von Türk-Is, Bayram Meral, vermutete einen anderen Hintergrund hinter dem Verbrechen, nannte aber keine Einzelheiten. Denizers Bruder erklärte, der Festgenommene und sein Bruder seien eng befreundet gewesen. Er wies aber Presseberichte zurück, wonach der Verdächtige der Leibwächter des Gewerkschafters gewesen sein soll.

Das Verbrechen ereignete sich in einer Zeit, in der Türk-Is gegen die Pläne der Regierung protestiert, das bisherige Rentenalter für Frauen von gegenwärtig 45 auf 58 Jahre und für Männer von 50 auf 60 Jahre heraufzusetzen. Die Gewerkschaften haben der Regierung vorgeworfen, sich damit nur den Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Gewährung eines Kredites zu beugen.