jw, 2.8.99

Leserbriefe Anbiedernde Haltung Fischers

* Zu jW vom 30. Juli: »Menschenrechte kein Thema für Fischer«

(...) Ich fühle mich wieder einmal in meiner Meinung bestätigt. Von Herrn Fischer waren in der Türkei keine konkreten Schritte bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte zu erwarten. Es würde auch nicht in sein Konzept passen; schließlich ist der NATO-Partner Türkei ein alter Waffenbruder der Deutschen und ein guter Handelspartner dazu. Dies ist schließlich wichtiger als die Wahrung der Menschenrechte der Kurden und der Andersdenkenden in der Türkei. Wie sonst läßt sich die anbiedernde Haltung Fischers erklären, wenn er unbedingt die EU- Anwartschaft der Türkei forcieren will. Dies wäre dann in der Tat die Belohnung für deren menschenverachtende Politik und gleichzeitig eine Verhöhnung der Opfer des Terror-Regimes.

Es ist in der Tat schrecklich, aber mitunter wünsche ich mir die Kohl-Regierung zurück. Die hatte immerhin in dieser Angelegenheit noch einen Standpunkt, Kinkel reiste zuletzt erst gar nicht mehr in die Türkei, da er erkannte, daß es diesem Staat nicht an einer Demokratisierung gelegen ist. Ich frage mich, wie will Fischer sich gegen andere EU-Staaten, z. B. Italien, durchsetzen, die in punkto Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei eine eindeutige Position bezogen haben.

Es paßt genau zu dem ehemaligen Sponti Fischer, daß er weder auf den Fall Öcalan noch auf den aktuellen Entführungsfall Soysal eingegangen ist. Natürlich sind solche Fälle schlecht geeignet, um sich beim großen Bruder zu profilieren. Sein »demonstrativer« Besuch beim Menschenrechtsverein in Ankara war nichts weiter als ein RP-Gag für die kritische Presse und die kritischen Bürger daheim.

Ein Land hat angeblich immer die Regierung die es verdient. Aber haben wir diese wirklich verdient?

Constance Demir, E-Mail