Yahoo, 31. Juli 1999, 15:45 Uhr

Kabinett plant neue Richtlinien für Waffenexporte

Anpassung an EU-Verhaltenskodex - Deutsche gegen Lieferung von Kampfpanzern an die Türkei

Bonn (AP) Das Bundeswirtschaftsministerium plant neue Richtlinien für Waffenexporte. Ein entsprechender Entwurf werde in nächster Zeit dem Kabinett vorgelegt, sagte eine Ministeriumssprechern am Samstag der AP. Es gehe dabei um eine Anpassung der bestehenden Maßstäbe an den Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren und die Umsetzung einer entsprechenden Koalitionsvereinbarung. Aus dem Auswärtigen Amt verlautete, der Spielraum für Exporte werde dadurch nicht vergrößert, sondern es würden zusätzliche Kriterien eingeführt.

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» zufolge fiel der Kodex 1998 unter Druck Frankreichs und Großbritanniens «recht großzügig» aus. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) habe bei seinen Kollegen für strengere Maßstäbe plädiert, dabei aber laut Parteifreunden eine «Bauchlandung» erlitten.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, sagte der «Berliner Zeitung», die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zur Einführung einer Menschenrechtsklausel bei Rüstungsexporten stellten zwar eine Verbesserung dar, seien aber nicht ausreichend. Es genüge nicht, die Waffen nur dann zu verbieten, wenn sie zu Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten, betonte Beer. Vielmehr müsse als Kriterium gelten, ob mit den Waffen militärische Strukturen unterstützt würden, die Menschenrechte verletzten.

Laut «Spiegel» will Fischer ein mögliches Milliardengeschäft mit Kampfpanzern für die Türkei als Druckmittel für mehr Freiheitsrechte für die Kurden nutzen. Wenn die Türken seiner Einladung zum EU-Beitritt folgen wollten, müssten sie rasch den Kriterienkatalog für Menschenrechte erfüllen, den die EU 1993 für Bewerber aufgestellt habe. Dann könne das «Nein» des Auswärtigen Amts zum Export von Leopard-2- und Fuchs-Panzern überprüft werden.

Mehr als drei Viertel der Bundesbürger sind dagegen, dass Deutschland moderne «Leopard II»-Panzer an die Türkei liefert. In einer Dimap-Umfrage im Auftrag der «Bild»-Zeitung und des Mitteldeutschen Rundfunks erklärten lediglich 18 Prozent, die rot-grüne Bundesregierung sollte dem Nato-Partner die Lieferung nicht verweigern. Insbesondere Wähler von Bündnis 90/Die Grünen sprachen sich der Umfrage zufolge gegen eine Lieferung aus (92 Prozent). Fünf Prozent der insgesamt 1.003 Befragten machten keine Angaben.