Frankfurter Rundschau 31.7.99

Ehefrau berichtet über elftägige Folter Soysals

Anwälte von in die Türkei entführtem Kurden rufen Straßburg an / Brief Fischers an Cem

Von Reinhard Voss

DÜSSELDORF, 30. Juli. Der vom türkischen Geheimdienst am 13. Juli aus Moldawien verschleppte Kurde Cevat Soysal wird nach Angaben seiner Ehefrau Bahar Soysal in Ankara grausam gefoltert. Nach Gesprächen mit den Anwälten ihres Mannes, die den Inhaftierten im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses in Ankara besuchen durften, beschuldigte Bahar Soysal die türkische Polizei, ihren Mann mit Elektroschocks gepeinigt und unter Drogen gesetzt zu haben. Cevat Soysal lebte jahrelang mit seiner Familie in Mönchengladbach als anerkannter politischer Flüchtling. Nach türkischer Darstellung ist er ein hochrangiges Mitglied der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Ihr Mann habe sich in der Haft nackt auf Eisblöcke legen müssen, berichtete Bahar Soysal am Freitag auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Zudem habe man ihn an den Armen aufgehängt und auf seinen Kopf nach der sogenannten chinesischen Folter ständig Wasser getropft. Außerdem sei er mit einem Hochdruck-Wasserstrahl gequält worden. Die Anwälte hätten bei ihrem Mann Nadeleinstiche, Blutergüsse und Verletzungen an Armen, Beinen und auf dem Rücken gesehen, sagte Bahar Soysal. Man habe ihren Mann während der elftägigen Tortur zweimal in ein Krankenhaus geschafft und danach jeweils weitergefoltert. "Ich fürchte um das Leben meines Mannes", beklagte Bahar Soysal. Die türkischen Behörden verweigern ihr jeglichen Kontakt mit dem Ehemann. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, daß er von unabhängigen Ärztenuntersucht werde, forderte Bahar Soysal. Sie bestritt, daß ihr Mann Mitglied der PKK sei. Er sei aber Mitglied der Nationalen Befreiungsfront Kurdistan ERNK und in deren Auftrag in Moldawien gewesen. Was er dort getan habe, wisse sie nicht. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte sich "zutiefst besorgt" über den Bericht aus Ankara. Sie forderte die türkische Polizei auf, Cevat Soysal einem Richter vorzuführen, wozu sie nach dem Gesetz innerhalb von sieben Tagen verpflichtet sei. Die Anwälte von Cevat Soysal erhoben Beschwerde gegen die Türkei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Zugleich baten sie UN-Flüchtlingskommissarin Sadako Ogata, eine internationale Untersuchungskommission einzusetzen. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) bat seinen türkischen Amtskollegen Ismail Cem in einem Brief, den Foltervorwürfen nachzugehen.