Kölner Stadtanzeiger, 26.7.

Appell der Bischöfe: Menschenrechte in Türkei angemahnt

Europäisches Wertesystem als Vorbild

Hamburg - In ihrem gemeinsamen Appell haben katholische und evangelische Bischöfe die Türkei zur Einhaltung der Menschenrechte aufgefordert. Trotz einer positiven Verfassung lasse die Wirklichkeit zu wünschen übrig, sagte der "Auslandsbischof" der evangelischen Kirche, Rolf Koppe. Der evangelische Bischof von Schwerin, Hermann Beste, bewertete eine EU-Mitgliedschaft der Türkei "grundsätzlich positiv". Bestes Forderung: "Die Freiheiten, die der Islam hier genießt, müssen auch für die christlichen Kirchen in der Türkei gelten."

Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke erinnerte daran, daß sich das christliche Abendland in seiner Geschichte "gegen den Islam formiert" habe. Jaschke sprach sich für eine Einbeziehung aller Religionen in Europa aus und appellierte an den Islam, "in das europäische Wertesystem" hineinzuwachsen.

Vor "plattem aufklärerischem Optimismus" warnte der evangelische Bischof von Bückeburg, Heinrich Herrmanns: "Man muß immer die Möglichkeit ins Auge fassen, daß der Islam wieder dieses Land ergreift und eine Mehrheit sich gegen die Demokratie wendet." Religion und Staat seien immer noch eng "miteinander verquickt". Koppe erklärte, die Türkei habe zwar eine säkulare Verfassung: "Die Wirklichkeit läßt aber zu wünschen übrig - angefangen bei der Stellung von Minderheiten bis hin zur Todesstrafe."

Auch der frühere Außenminister Klaus Kinkel (FDP) machte Verbesserungen der Menschenrechte zur Voraussetzung für einen EU-Beitritt Ankaras. Als Prüfstein für eine mögliche Beitrittskandidatur der Türkei nannte Kinkel im Kölner "Express" den Fall des zum Tode verurteilten PKK-Chefs Abdullah Öcalan: "Die Abschaffung der Todesstrafe gehört nun mal zu den gemeinsamen Werten der Europäischen Union."

Nach "Focus"-Informationen soll der frühere CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep als persönlicher Beauftragter von Bundeskanzler Gerhard Schröder das deutsch-türkische Verhältnis verbessern helfen. Kiep, der über ein dichtes Kontaktnetz in der Nato verfüge, solle zunächst helfen, die heiklen Beziehungen zur Türkei zu verbessern. Der CDU-Politiker gilt dem Magazin zufolge als Freund des türkischen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit. (ap, dpa)