Die Presse, Wien 26.7.

Athen und Ankara wollen Tauwetter herbeireden
Griechenland und die Türkei nehmen einen "Dialog" auf, der freilich die heiklen Punkte ausklammert.

Von unserer Korrespondentin ARIANE CONDELLIS

ATHEN. Die Erwartungen sind alles andere als hochgeschraubt, wenn am Montag in Ankara auf Diplomatenebene Gespräche zwischen Griechenland und der Türkei über "zweitrangige" Themen wie kulturelle und wirtschaftliche Fragen beginnen. Aber auch wenn diese gewiß nicht zu den wirklichen Problemen zwischen den beiden Ländern gehören, so ist dies dennoch eine "Premiere". Denn erstmals seit Jahren wird dafür das Wort "Dialog" verwendet. Bis vor kurzem war das für die Griechen noch ein Reizwort, das mit möglicherweise gefährlichen, weil unpatriotischen Konzessionen an die Türkei in Verbindung gebracht wurde. Als Meister dieser Wortfechtereien galt lange Jahre der frühere Ministerpräsident Andreas Papandreou. Heute ist es sein Sohn Georgios, der als griechischer Außenminister dem Wort "Dialog" bewußt den Beigeschmack des potentiellen Verrats nehmen will. Ende dieser Woche trifft er während der Balkan-Konferenz mit seinem türkischen Amtskollegen Ismail Cem zusammen. Neun Punkte sind es insgesamt, über die zunächst in Ankara und dann wenige Tage später in Athen gesprochen werden soll. Kultur und Tourismus, Umweltprobleme, illegale Immigration, grenzüberschreitende Kriminalität, Terrorismus, Wirtschaft, Zusammenarbeit auf dem Balkan, im Schwarzmeer und im Mittelmeer sind die Themen, bei denen es gemeinsame Interessen gibt. Mit Absicht wird alles ausgespart, wozu es diametral entgegengesetzte Meinungen gibt. Dazu zählen vor allem die von der Türkei angemeldeten Ansprüche in der Ägäis - ein Thema, das die Griechen vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bringen wollen. Wie sehr Griechenland auf eine Verbesserung der Atmosphäre hofft, zeigte die zurückhaltende Reaktion auf störende türkische Flugmanöver gegen das Flugzeug des griechischen Transportministers auf seinem Flug von Zypern nach Athen am vergangenen Mittwoch. Der stellvertretende Außenminister Kranidiotis wollte nicht ausschließen, daß es in der Türkei Elemente gibt, die diese Bemühungen zu einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen torpedieren wollten.