Berliner Zeitung, 24.7.99

SPD lehnt Lieferung von Panzern ab

Kritik der Opposition am Ankara-Besuch von Fischer

von Sigrid Averesch

BERLIN/BONN, 23. Juli. Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt Panzerlieferungen in die Türkei ab. "Ich halte Panzerlieferungen in die Türkei für nicht zustimmungsfähig in der SPD-Bundestagsfraktion", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gernot Erler, am Freitag der "Berliner Zeitung". Er sprach sich auch gegen die Ausfuhr eines Panzers des Typs Leopard-II A5 zu Testzwecken in die Türkei aus. "Das ist das falsche Signal", sagte Erler. Wie berichtet, hat die Rüstungsfirma Krauss-Maffei Wegmann bei der Regierung eine Ausfuhrgenehmigung für einen Leopard-II A5 beantragt, um diesen von der türkischen Armee testen zu lassen. Die Regierung in Ankara plant die Anschaffung von 1 000 Panzern. Erler begründete die strikte Ablehnung von Waffenexporten in die Türkei mit dem Bürgerkrieg in Ostanatolien. Zudem würden deutsche Rüstungsexporte in das Land die Spannungen zwischen Türken und Kurden verschärfen, die in Deutschland leben.

Glos: Keine Hoffnungen wecken

Demgegenüber hält der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Thomas Kossendey, Panzerlieferungen an die Türkei künftig für möglich. Der CDU-Politiker verwies darauf, daß der türkische Außenminister Ismail Cem versichert habe, bis zum EU-Gipfel in Helsinki die Menschenrechtslage zu verbessern. Anträge auf Waffenexporte müßten dann "im Lichte des Standes dieser Bemühungen gesehen werden", sagte Kossendey. Er nannte die Ausfuhr eines Panzers zu Testzwecken "vertretbar".

Bereits am 16. Juli hat Heeresinspekteur Helmut Willmann beim Besuch deutscher Soldaten im Kosovo dem Bataillonskommandeur des türkischen Einsatzverbandes Dragas angeboten, sich den Leo II A5 "anzuschauen", sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums der "Berliner Zeitung". Dies sei jedoch kein Test, sondern Teil einer Unterweisung und "eine Geste der Höflichkeit" gegenüber einem Nato-Partner.

Unterdessen hat der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, die Bundesregierung gewarnt, in der Türkei unerfüllbare Hoffnungen auf eine baldige EU-Beitrittsperspektive zu wekken. (mit AFP)