Die Welt, 24.7.99

Heftiger Streit um Waffengeschäft
Türkei erwägt die Bestellung von 1000 Leopard-Panzern

Von Hans-Jürgen Leersch

Bonn ­ Der Wunsch der türkischen Regierung nach 1000 neuen deutschen Kampfpanzern vom Typ Leopard II wird von Sozialdemokraten und Grünen vehement abgelehnt. Der SPD-Sicherheitspolitiker Gernot Erler erklärte am Freitag auf die Frage der WELT, ob seine Fraktion dem Exportgeschäft zustimmen werde: "Nein."

Erler sagte weiter, er könne sich auch nicht vorstellen, daß ein Antrag auf die Lieferung von Panzern an die Türkei von dem für Waffenexporte zuständigen Bundessicherheitsrat genehmigt werde. Erler erinnerte an die hohe Zahl von in Deutschland lebenden Türken, darunter 400 000 Kurden. Bei deren Demonstrationen sei wiederholt darauf hingewiesen worden, daß aus Deutschland stammende Rüstungsgüter von der türkischen Armee gegen Kurden eingesetzt worden waren.

Erler betonte, es müsse natürlich unterschieden werden zwischen Waffenlieferungen an Nato-Partner und andere Länder. Beim Nato-Mitglied Türkei gebe es aber Probleme wegen des Kurdenkonflikts. Keinesfalls, so Erler, dürften die Vorschriften für den Export deutscher Waffen liberalisiert werden.

Ebenso deutlich lehnte die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, den Wunsch der Regierung in Ankara ab: "Es dürfen keine Panzer in die Türkei geliefert werden", sagte Frau Beer der "Berliner Zeitung".

Auch die Bonner Opposition äußerte sich zurückhaltend. Der CDU-Wirtschaftsexperte Friedhelm Ost empfahl in einem Gespräch mit der WELT bei allen Rüstungsexporten eine Einzelfallprüfung. Bundeskabinett und Bundessicherheitsrat müßten sich an den Exportvorschriften für Nato-Partner orientieren, aber die Türkei auch als Nato-Partner behandeln, sagte Ost. Der Wunsch nach Leopard-II-Panzern müsse "seriös" geprüft werden. Die Türkei wünsche bereits seit Mitte der achtziger Jahre Panzer des Typs Leopard II, erinnerte Ost.

Der Hersteller des Leopard II, die Krauss-Maffei-Wehrtechnik in München, zeigt sich "brennend interessiert" an einem Auftrag aus der Türkei. Ein Firmensprecher wies aber gegenüber der WELT darauf hin, daß es noch keine Vereinbarung gebe. Die Türkei hole auch Angebote anderer Hersteller im Ausland ein. Richtig sei, daß Krauss-Maffei bei der Bundesregierung die Ausfuhr eines Panzers vom Typ Leopard II zur Vergleichserprobung beantragt habe. Vor einer Lieferung der Panzer an die Türkei müßten sich die Regierungen in Bonn und Ankara einig sei.

Die Krauss-Maffei-Wehrtechnik befürchtet angesichts des sinkenden Bonner Verteidigungsetats, daß die Bundeswehr weniger bestellt und dadurch Arbeitsplätze verlorengehen könnten. Das Panzergeschäft mit der Türkei würde "Vollbeschäftigung garantieren", so der Firmensprecher.