fr, 23.7. Fischer will Annäherung der Türkei an EU fördern

Minister schlägt in Ankara Beitritts-Fahrplan vor

Die Bundesregierung will sich auch nach der Festnahme des in Deutschland lebenden PKK-Funktionärs Cevat Soysal durch die Türkei für eine Annäherung Ankaras an die EU einsetzen. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte bei seinem offiziellen Besuch in Ankara, die Bundesrepublik gehe von einem "rechtsstaatlichen Verfahren" für Soysal aus.

ANKARA, 22. Juli (afp/dpa). Es gehe darum, einen Schritt nach vorne zu tun, erklärte Fischer am Donnerstag in der türkischen Hauptstadt. Der Lage der Menschenrechte in der Türkei werde dabei allerdings eine "zentrale Funktion" zukommen. "Menschenrechtsfragen gewinnen eine überragende Bedeutung", sagte Fischer. Die Bundesregierung gehe davon aus, daß Soysal in der Türkei "eine rechtsstaatliche Behandlung erfährt". Der PKK-Funktionär, dessen Festnahme durch den türkischen Geheimdienst am Mittwoch bekanntgeworden war, ist in Deutschland als asylberechtigt anerkannt.

Fischer traf beim ersten Türkei-Besuch eines deutschen Ministers seit mehr als zwei Jahren in Ankara unter anderem mit Staatspräsident Süleyman Demirel, Ministerpräsident Bülent Ecevit und seinem türkischen Amtskollegen Ismail Cem zusammen. Fischer betonte dabei, die Bundesregierung wolle weiterhin innerhalb der Europäischen Union die formelle Anerkennung der Türkei als Beitrittskandidat durchsetzen. Die Ablehnung dieses Kandidatenstatus' hatte die Türkei Ende 1997 veranlaßt, den politischen Dialog mit der EU zu stoppen.

Fischer sprach sich nun für eine Art Fahrplan aus. Er hoffe, bereits bei dem für Herbst geplanten EU-Gipfel in Helsinki eine Entscheidung für die Türkei erreichen zu können. Es liege im Interesse der Europäer, "die Türkei nicht wegdriften zu lassen", sagte Fischer. "Die EU ist keine Religionsgemeinschaft, sondern eine Wertegemeinschaft." Er wolle dazu beitragen, die "Hemmnisse der Vergangenheit" in dieser Sache abzubauen. Bei seinen türkischen Gesprächspartner sei er auf sehr viel Offenheit gestoßen. "Das ist eine Chance, die wir nutzen sollten."

Mit Blick auf den Konflikt zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen PKK sagte Fischer, die Türkei habe das Recht, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und der Rechtsstaatlichkeit gegen Terrorismus vorzugehen. Am Vormittag hatte der Außenminister mit türkischen Menschenrechtlern gesprochen.