junge Welt 21.7.99

Abgeschobener Kurde offenbar in der Türkei ermordet

Behörden und Medien lancieren neue Propagandakampagne gegen PKK

Nachdem sich in den vergangenen Monaten Berichte über die Mißhandlung abgeschobener Kurden gehäuft hatten, ist jetzt offenbar erstmals ein in Deutschland abgelehnter kurdischer Asylbewerber von türkischen Sicherheitskräften ermordet worden. Die Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland, YEK-KOM, machte den Vorfall am Dienstag öffentlich.

Nach Angaben der Organisation kam der damals 20jährige Kurde Süleyman Aksoy 1995 in die Bundesrepublik, weil er seinen Wehrdienst nicht in der Türkei ableisten wollte. Sein Asylantrag wurde im Oktober 1998 rechtskräftig abgelehnt. Um der Abschiebung zu entgehen, flüchtete Aksoy in die Niederlande. Dort wurde er in Haft genommen und drei Monate später in die Türkei abgeschoben.

Es folgten die berüchtigten Verhöre bei der Flughafenpolizei in Istanbul und die Überstellung an die Militärbehörden in Ankara. Dann verlor sich die Spur des jungen Mannes. Erst kürzlich, so ergaben die Recherchen von YEK-KOM, hätten Aksoys Eltern die Mitteilung erhalten, ihr Sohn habe Selbstmord begangen. Gleichzeitig seien sie von der Staatsanwaltschaft davor gewarnt worden, den Sarg zu öffnen. Als sie dies trotzdem taten, hätten sie den Körper »verstümmelt und völlig zerstört« vorgefunden. Die Staatsanwaltschaft habe eine neuerliche Obduktion mit dem Hinweis verweigert, die offizielle Todesursache sei bereits festgestellt.

Während Flüchtlingsorganisationen wegen der Folter abgeschobener Asylbewerber einen Abschiebestopp für Kurden aus der Türkei verlangen, haben deutsche Polizeiführer und Medien eine neuerliche Propagandakampagne gegen die Kurdische Arbeiterpartei PKK gestartet. Hannovers Polizeipräsident Hans- Dieter Klosa hält es jetzt für erwiesen, »daß zwischen dem politischen Terror der PKK und der organisierten Kriminalität Verbindungen existieren«. So habe die Partei etliche Millionen Mark aus Drogengeschäften in die Türkei transferiert, um dort den Befreiungskampf gegen die Armee zu finanzieren. Am 9. Juli hatte die Polizei in Hamburg und Hannover im Zusammenhang mit Ermittlungen im Drogenmilieu 34 Gaststätten und Wohnungen durchsucht, dabei zunächst aber von türkischen Einrichtungen gesprochen.

In Celle werden dort ansässige Kurden von der Lokalpresse öffentlich verdächtigt, ihre Häuser mit Geld aus dem Drogenhandel gekauft zu haben. Und die Hannoversche Allgemeine Zeitung verbreitete in dieser Woche wieder einmal die Behauptung, die PKK verschleppe jugendliche Kurden aus Deutschland in Trainingscamps.

Reimar Paul