Lüdenscheider Nachrichten, 16.7.

Anklage nach Konsulatsbesetzung in Leipzig - Weiterer Prozeß um Kurdenkrawalle in Berlin

Wegen der Besetzung des griechischen Generalkonsulats in Leipzig durch Sympathisanten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Februar hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen sechs mutmaßliche Rädelsführer erhoben. Den Kurden im Alter zwischen 20 und 36 Jahren wird gemeinschaftliche Geiselnahme, Landfriedensbruch in besonders schwerem Fall und schwerer Hausfriedensbruch vorgeworfen. Die Männer sollen am 16. Februar aus Protest gegen die Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan das Generalkonsulat besetzt und drei Menschen als Geiseln genommen haben. In Berlin begann unterdessen ein zweiter Prozeß wegen der Krawalle am Rande der versuchten Erstürmung des israelischen Generalkonsulats durch PKK-Anhänger.

Ein Termin für den Prozeß vor dem Landgericht Leipzig stand zunächst noch nicht fest. Das griechische Konsulat war von insgesamt 73 Kurden besetzt worden. Die Polizei hatte das Gebäude gestürmt und die Geiseln unverletzt befreit. Wegen der Besetzung war bereits Anklage gegen insgesamt 66 Kurden erhoben worden. Ein Großteil von ihnen wurde inzwischen wegen Landfriedensbruchs in besonders schwerem Fall zu Bewährungsstrafen zwischen acht und 19 Monaten verurteilt.

In Berlin begann der Prozeß gegen einen 27jährigen Kurden, dem unter anderem schwerer Landfriedensbruch zur Last gelegt wird. Der Mann soll am 17. Februar vor der israelischen Vertretung sowie am Tag zuvor bei einer Demonstration am griechischen Konsulat mehrere Polizisten mit einer Eisenstange angegriffen zu haben. Bereits am 2. Juli war ein 31jähriger Kurde wegen der Krawalle in Berlin zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der Mann hatte gestanden, mit einem Holzknüppel auf einen Polizisten eingeschlagen zu haben.

Bei der versuchten Konsulatserstürmung waren vier kurdische Demonstranten durch Schüsse der israelischen Sicherheitskräfte getötet worden. Inzwischen sind Zweifel an der israelischen Darstellung laut geworden, die Sicherheitskräfte hätten aus Notwehr geschossen. Der Berliner Polizei wurde vorgeworfen, das Konsulatsgebäude trotz einer Warnung vor möglichen Ausschreitungen von Kurden nicht ausreichend geschützt zu haben. Mit den Vorgängen vor dem israelischen Konsultat befaßt sich auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses. (AFP)