Böblinger Zeitung, 9.7.

Magstadt: Kurdische Familie könnte abgeschoben werden

Landtag lehnt Petition ab

Von unserer Mitarbeiterin Renate Lück

Die kurdische Familie Akseker, die im April abgeschoben werden sollte, droht ein neuer Versuch, in die Türkei geschickt zu werden. Die Petition beim Landtag wurde Mittwoch mit den Stimmen von CDU und Republikanern abgelehnt.

Die Familie kam 1988 nach Deutschland, weil Askeri Akseker vom türkischen Militär gezwungen wurde, Dorfschützer zu werden. Dies hätte bedeutet, daß er mit dem türkischen Militär gegen seine eigenen Verwandten hätte vorgehen müssen. Die Familie kam mit den kleinen Söhnen Zeki und Emin.

In Magstadt wurden drei weitere Kinder geboren, um die sich der Asylkreis ebenso kümmerte, wie um die drei jüngsten Geschwister von Askeri Akseker, die nachkamen, als ein Bruder erschossen wurde. Die Kinder sprechen nur deutsch. Askeri Akseker bemühte sich um Arbeit, durfte aber erst nur gemeinnützig arbeiten und später stundenweise als Lastwagenfahrer, obwohl ihn die Spedition voll beschäftigt hätte.

Als das Asylverfahren abgelehnt wurde, stellte der Asylkreis Magstadt am 23. April 1998 einen Petitionsantrag an den Landtag. Trotzdem erschien die Polizei zur Abschiebung ohne vorherige Ausreiseaufforderung, wie es bei langjährigen Verfahren üblich ist. Nach dem Abschiebeversuch, der die ganze Familie traumatisierte, schrieben die evangelischen und katholischen Kirchengemeinderäte erneut an den Petitionsausschuß. Dessen Vorsitzender Ewald Veigel (FDP) übernahm den Fall selbst. Gestern war er krank und konnte den Sachverhalt nicht vortragen. Trotzdem entschied die Mehrheit aus CDU und Reps gegen die Stimmen von SPD, FDP und Grünen, die Sache nicht zu vertagen und lehnte den Antrag ab.

Askeri Akseker, der am 21. April in Selbstmordabsicht aus dem Fenster sprang, soll heute in die Landespsychiatrie überwiesen werden, weil sein seelischer Zustand äußerst desolat ist. Der Familie geht es nicht besser. Mutter Zultan Akseker äußerte Asylpfarrer Werner Baumgarten gegenüber: "Lieber hier sterben als in der Türkei." Tochter Aise ist nicht mehr fähig, jemanden anzusehen und kann sich in der Schule nicht mehr konzentrieren.

Die Menschen in Magstadt sowie der SPD-Abgeordnete Stephan Braun, der im Namen von Heiderose Berroth (FDP) und Reinhold Hackl (Grüne) sprach, verstehen neben "der Granatensauerei im Petitionsausschuß" (Zitat Berroth) nicht, wie man mit einer Familie umgeht, deren Haus in der Türkei zerstört und deren Angehörige entweder tot sind oder in Deutschland anerkannt wurden. Ihr Lebensmittelpunkt ist in Magstadt. Sie haben keinen türkischen Paß mehr und würden bei einer Abschiebung als Staatsfeinde behandelt. Werner Baumgarten versteht auch nicht, warum der Abschiebeversuch im April (wir berichteten) nicht als Nachfluchtgrund gewertet wird.