Express (Köln), 8.7.99

Kurden-Mord: Krawalle in Kalk Aus Rache türkisches Bistro gestürmt

Von OLIVER MEYER exp Köln - Nach dem Mord an Erol Ispir (33) herrscht jetzt Krieg auf den Straßen in Kalk. Gestern stürmten 20 Kurden das türkische Bistro "Bombastic" auf der Robertstraße und zerlegten die Einrichtung - weil sie glauben, daß ihr Landsmann Erol von rechtsradikalen Türken umgebracht wurde.

Um 13.30 Uhr tauchten die vermummten und mit Baseball-Schlägern bewaffneten Täter auf. Sie bedrohten die zehn anwesenden Türken, riefen "Freiheit für Öcalan" und "PKK". Ein Augenzeuge: "Dann zertrümmerten sie Gläser, rissen Bilder und Fahnen von der Wand und kippten Stühle und Tische um. Wir hatten Angst, hielten uns ganz zurück. Sonst hätte es vielleicht Tote oder Verletzte gegeben."

Überall in Kalk wurden gelbe Plakate aufgehängt. Auszug: "Unser Freund Erol Ispir wurde ermordet. Zwei Männer haben ihn erstochen. Wir gehen davon aus, daß die Mörder türkische Faschisten sind (Graue Wölfe/Partei MHP)."

Zur gleichen Zeit, 300 Meter weiter, auf der Taunusstraße. In dem Vereinslokal des "Arbeiter und Jugendkulturvereins" ist die Leiche des am 1. Juli mit Messerstichen getöteten Kurden aufgebahrt. 300 Angehörige, Freunde und Verwandte nehmen bei einer Trauerfeier Abschied von Erol Ispir, weinen bitterlich. Niemand will etwas von dem Angriff auf die Kneipe "Bombastic" zu tun haben. Aber alle sind sicher: Erol Ispir wurde ein politisches Mordopfer.

Die Polizei fahndet inzwischen nach zwei jungen Türken (20 und 21 Jahre alt). Beide wurden am Tatort gesehen. Vor der Tat hatten Zeugen sie im Bistro "Bombastic" bemerkt.

Am Abend wurde die Leiche von Erol Ispir in einem Autokonvoi zum Flughafen gebracht. Um 21 Uhr wurde sein geschmückter Sarg in die Heimat geflogen.