DIE WELT, 24. 06. 1999 
CDU will konsequente Abschiebung 
Debatte in der Bürgerschaft = Regenbogen-Gruppe betont Recht auf Asyl

Die Abschiebepraxis der Hamburger Ausländerbehörde bleibt umstritten. Das ist das Ergebnis der Diskussionen in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft = eine hitzige Debatte, die sich an der Tatsache entzündete, daß ein sudanesischer Staatsbürger bei der Abschiebung auf dem Frankfurter Flughafen gestorben war.

CDU-Fraktionschef Ole von Beust warf der rot-grünen Koalition vor, sie wisse in der Sache nicht, was sie wolle. Der CDU-Abgeordnete Heino Vahldiek forderte, die Abschiebepraxis müsse konsequent sein. Die Begründung: In Hamburg lebten gegenwärtig 17 000 ausreisepflichtige Ausländer. Tatsächlich abgeschoben wurden von Januar bis Mai 1998 nur 819 Ausländer. 1999 waren es im gleichen Zeitraum sogar nur 595. Das sei nicht hinzunehmen. Für Vahldiek sind konsequente Abschiebungen auch eine Voraussetzung für die Neuaufnahme von Flüchtlingen. Er fühle sich durch die Politik "veralbert". Vahldiek plädierte deshalb für die Umsetzung der von der Innenbehörde beschlossenen Maßnahmen wie ärztliche Begleitung von Flüchtlingen und vermehrte Abschiebehaft.

Rolf Polle (SPD) wunderte sich. "So oft habe ich von Ihrer Fraktion noch nie ein Lob der Ausländerbehörde gehört." Dabei unterstrich Polle den Zielkonflikt zwischen den von Vahldiek vorgetragenen Zahlen und den Einzelschicksalen. Christa Goetsch (GAL) diagnostizierte, die CDU habe beim Thema Abschiebungen das C in ihrem Namen vergessen. Und Susanne Uhl (Regenbogen-Gruppe) reklamierte das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl.

Innensenator Hartmuth Wrocklage betonte: "Ich habe Hochachtung für alle, die sich in lauterer Weise für das Schicksal von Ausländern einsetzen. Gleichzeitig weise ich Schmähkritik an meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Ausländerbehörde zurück." Wenn diese öffentlich als Faschisten und Rassisten verunglimpft würden und wenn notwendiger rechtstaatlicher Gesetzgebungsvollzug mit den verwerflichen Praktiken des nationalsozialistischen Regimes gleichgesetzt werde, dann sei eine Dimension erreicht, die nicht mehr hinnehmbar sei. Es werde immer Streitfälle geben. Aber wer pauschal ein Bleiberecht für alle fordere, sei ähnlich blind für die Realität wie diejenigen, die in unserer Stadt und in Deutschland keine Ausländer haben wollen.

Wie konträr die Meinungen in der Sache sind, bewies der CDU-Parlamentarier Jürgen Klimke, der vehement für die menschlichen Aspekte bei der Abschiebepraxis sprach und dafür mehr Zustimmung bei SPD und GAL als bei der CDU bekam. Klimke bedauerte unter anderem die Abschiebung einer Kurdin mit drei kleinen Kindern bei Nacht und Nebel. "Gibt es denn da keine menschliche Kontrollinstanz?" gs