Berliner Zeitung 26.5.99

„Das ist eine Kampagne gegen Saberschinsky
Belastet die Innenbehörde den Polizeipräsidenten?

Von Michael Hellberg
Drei Monate nach den Todesschüssen im israelischen Generalkonsulat stehen Berlins Polizeipräsident Hagen Saberschinsky und Innensenator Eckart Werthebach (CDU) heftig in der Kritik. Am 17. Februar waren beim Sturm des Konsulats vier Kurden von israelischen Sicherheitskräften erschossen worden. Nach und nach werden jetzt immer mehr Details bekannt, die darauf hindeuten, daß Saberschinsky und Werthebach frühzeitig über einen möglichen Angriff von Kurden informiert waren. Saberschinsky hatte am Vortag des 17. Februar dennoch die Hilfe auswärtiger Polizeieinheiten abgelehnt. Das geht aus einem veröffentlichten Telefongespräch mit Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) hervor. Laut Telefonmitschnitt sagte Saberschinsky: „Ja, ja, ja, ist gut, okay. Wir schützen die ganze Welt.“ Abgeordnete vermuten, daß Informationen über das Telefongespräch und weitere Hinweise jetzt nicht zufällig auftauchen. „Das ist eine gezielte Kampagne gegen Polizeipräsident Saberschinsky“, sagten Parlamentarier verschiedener Parteien der „Berliner Zeitung“. Vor 14 Tagen wurde ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß einberufen, der die Vorfälle am Konsulat klären soll. „Das Telefonprotokoll ist der Persilschein für Böse und der Polizeipräsident gerät unter Druck“, so ein Abgeordneter. Die Infos seien gezielt aus der Innenverwaltung in die Unterlagen für den Ausschuß gebracht worden. Denn die Abteilung Grundsatz der Innenverwaltung trug sie zusammen, Innenstaatssekretär Böse zeichnete sie ab. Dazu gehörte das Telefonprotokoll, das der Untersuchungsausschuß gar nicht angefordert hatte. Abgeordnete vermuten nun, daß mit den Details erreicht werden soll, die geplante Amtszeitverlängerung von Saberschinsky bis zum Herbst 2000 zu verhindern. Darauf hatten sich CDU, SPD und Grüne schon geeinigt. Andere Spekulationen gehen davon aus, daß Staatssekretär Böse, der von Werthebach gegängelt wird, sich nun einmal revanchieren wollte.
(hel., kla.)