DIE WELT, 27. 05. 1999

Kurdenkongreß tagt in den Niederlanden PKK prominent vertreten ­ Spannungen zwischen Ankara und Den Haag

Von Helmut Hetzel Amsterdam ­
Eine als „Kurdischer Nationalkongreß" bezeichnete Tagung in Amsterdam hat zu diplomatischen Spannungen zwischen den Niederlanden und der Türkei geführt. Das türkische Außenministerium in Ankara warf der Haager Regierung gestern vor, durch die Duldung des Kurden-Kongresses „terroristische Vereinigungen" zu unterstützen. Der niederländische Außenminister Jozias van Aartsen entgegnete darauf, das Kurdentreffen sei durch das Recht auf Versammlungsfreiheit gedeckt. Es verlaufe friedlich. Bisher gab es in der Tat keine Zwischenfälle auf dem Kongreß, der im Amsterdamer Kulturzentrum „de Rode Hoed" stattfindet, einem Gebäude, das während der Reformation im 17. Jahrhundert Katholiken als Zufluchtsort gedient hat. Etwa 160 Delegierte nehmen an diesem Nationalkongreß teil. Sie kommen aus Regionen, die zur Türkei, Syrien, dem Irak und Iran gehören. Auffallend ist, daß zwei große Organisationen, die Demokratische Partei Kurdistans (DPK) und die Patriotische Union Kurdistans (PUK) nicht vertreten sind. „Die DPK", so Agit Helbest vom Kurdistan Information Center in Amsterdam,  „arbeitet mit den Türken zusammen." Die PUK werde vom Iran unterstützt und nehme deshalb nicht teil. Bemerkenswert ist, daß die Kurdische Arbeiterpartei (PKK), deren Führer Abdullah Öcalan sich von Montag an in der Türkei wegen Terrors vor Gericht verantworten muß, prominent anwesend ist. Völlig unklar ist, wer die kurdischen Delegierten legitimiert hat, für das gesamte kurdische Volk zu sprechen. Bisher hat der Kongreß, der noch zwei Tage dauern soll, keine konkreten Forderungen oder Resolutionen verabschiedet. Das Wichtigste sei, daß man sich überhaupt getroffen habe. So könne eine breite kurdische Bewegung entstehen, heißt es. Es wird damit gerechnet, daß auf dem Kongreß die Freilassung Öcalans gefordert werden wird.