Frankfurter Rundschau 22.5.99

"Nur abstrakte Warnhinweise"
Berlins Innensenator vorm Ausschuß zu Kurdenkrawallen

Von Ullrich Fichtner
In gereizter Stimmung hat der Berliner Untersuchungsausschuß zu den Kurden-Krawallen vom Februar am Freitag mit der Vernehmung von Zeugen begonnen.
BERLIN, 21. Mai. Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) sieht auch in der Rückschau keinen Anlaß für Kritik am Verhalten seiner Behörde während des Sturms kurdischer Aktivisten auf das Generalkonsulat Israels am 17. Februar. Dabei waren vier Angreifer ums Leben gekommen. Zwar enthielt sich Werthebach als erster geladener Zeuge abschließender Bewertungen. Er bestand aber darauf, daß vor der Gewaltaktion nur "abstrakte Warnhinweise auf eine Gefährdung israelischer Einrichtungen" vorgelegen hätten.
Wie "abstrakt" diese Hinweise waren, dürfte zu einer Kernfrage des unter Vorsitz des grünen Innenpolitikers Wolfgang Wieland tagenden Ausschusses werden. Tatsächlich, dies zeigten auch Werthebachs Antworten, galt Israel in jenen Tagen der Proteste gegen die Verschleppung des PKK-Führers Abdullah Öcalan auch nach Auffassung polizeilicher Zentralstellen sehr wohl als gefährdet. Darauf sei während mehrerer Schaltkonferenzen der Innenministerien hingewiesen worden.
"Handhabbare, konkrete Hinweise" hätten aber nicht vorgelegen, sagte Werthebach, der Teile seiner Aussagen mit Hinweis auf vertrauliche Quellen unter Ausschluß der Öffentlichkeit machte.
Unmittelbar vor der Sitzung hatte der Sender Freies Berlin Auszüge aus dem Protokoll eines Telefonats zwischen Berlins Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky und Innenstaatssekretär Kuno Böse veröffentlicht. In diesem Gespräch vom Vortag der Schüsse hatte Saberschinsky, von Böse auf die Gefährdung israelischer Institutionen hingewiesen, gesagt: "Ja, ja, ja, wir schützen die ganze Welt." In dem Gespräch, das bisher von keiner Seite abgestritten wurde, lehnte Saberschinsky Verstärkung durch "Fremdkräfte" - etwa des Bundesgrenzschutzes - als unnötig ab.