Saarbrücker Zeitung 20.5.99

Weltweit mehrere Millionen Tote bei Kriegen der 90er Jahre

In Afrika sind die meisten Opfer zu beklagen – Manche Konflikte dauern seit Jahrzehnten - In erster Linie leiden die Zivilisten
Der Kosovo-Krieg ist der jüngste einer Reihe von Kriegen und Unruhen in den 90er Jahren, bei denen weltweit mehrere Millionen Menschen getötet worden. Wir dokumentieren die in diesem Jahrzehnt geführten Kriege nach der Anzahl der Opfer. Als Quellen dienen:
Nachrichtenagentur Associated Press (ap), US-Außenministerium, US-Zentrum für Verteidigungsinformationen, US-Geheimdienst CIA, Weltalmanach.

Afghanistan: Zwei Millionen Tote von 1979 bis 1992. In einem von der UdSSR unterstützten Staatsstreich kam mit Hilfe von 100 000 Sowjetsoldaten ein von Moskau gesteuertes Regime an die Macht. Rebellen lieferten sich mit den Sowjets einen zermürbenden Krieg, bis sich Moskau 1992 aus Afghanistan zurückzog. Der Bürgerkrieg zwischen der islamistischen Taliban-Miliz und einer Allianz der Opposition dauert an.

Sudan: 1,5 Millionen Tote seit 1983. Rebellen aus dem christlichen Süden kämpfen gegen die islamische Regierung im Norden um Unabhängigkeit. Der Krieg hat den Hunger im größten Land Afrikas noch verstärkt.

Ruanda: 500 000 bis 800 000 Tote im Jahr 1994. Unter Einfluß der von Hutus gestellten Regierung töteten vor allem Soldaten 90 Tage lang Angehörige des Tutsi-Volkes und um Frieden bemühte Hutus. Schließlich übernahmen Tutsi-Rebellen die Macht.

Angola: 500 000 Tote seit 1975. Nach dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft begann der Bürgerkrieg zwischen linksgerichteter Regierung und Rebellen der Unita.  Zwei Friedensabkommen scheiterten.

Bosnien: 250 000 Tote von 1991 bis 1995. Nach dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens kam es zwischen Moslems, Kroaten und Serben zu Kämpfen und zu Massakern an Zivilisten. Die Kämpfe wurden mit einem von den USA vermittelten Abkommen beendet.

Guatemala: 200 000 Tote zwischen 1960 und 1996. Der Bürgerkrieg endete mit einem Friedensabkommen zwischen linksgerichteten Rebellen und der Regierung.

Liberia: 150 000 Tote von 1989 bis 1997. Der von einer Rebellion gegen die Diktatur ausgelöste Bürgerkrieg wurde 1997 beendet, eine demokratisch gewählte Regierung folgte. Dennoch flammen stetig Kämpfe zwischen Milizen und Armee auf.

Burundi: 150 000 bis 250 000 Tote seit 1993. Kämpfe begannen nach der Ermordung des ersten demokratisch gewählten Präsidenten, eines Hutus, durch Tutsis.  Nachdem ein Putsch 1996 eine Tutsi-Regierung an die Macht brachte, gingen die Kämpfe weiter.

Algerien: 75 000 Tote von 1992 bis heute. Der Bürgerkrieg in Algerien begann mit der Annullierung einer Parlamentswahl durch die Streitkräfte. Dabei hatte sich ein Sieg der Islamischen Heilsfront (FIS) abgezeichnet.

Äthiopien/Eritrea: Die Zahl der Opfer des 1998 begonnenen Grenzkrieges ist unbekannt. Beide Seiten geben an, Zehntausende Soldaten der Gegenseite getötet zu haben.

Israel/Palästina: 125 000 Tote von 1948 bis 1997.  Ständige Unruhen und Kämpfe seit der Gründung Israels bis zu einem von den USA vermittelten Abkommen, das Gebiete im Westjordanland und Gaza-Streifen in palästinensische Verwaltung überstellt. Die Umsetzung des Abkommens stockt.

Tschetschenien: 18 000 bis 100 000 Tote von 1994 bis 1996. Rußland und die abtrünnige Kaukasusrepublik schlossen 1996 einen Friedensvertrag, der die Zukunft offen läßt.

Sri Lanka: 57 000 Tote seit 1983. Tamilische Rebellen kämpfen für einen unabhängigen Staat im Norden des Inselstaates.

Türkei: 37 000 Tote seit 1984. Kurdische Separatisten der Arbeiterpartei PKK kämpfen im Südosten des Landes für Unabhängigkeit. Das türkische Militär bekämpft die Rebellen unter anderem mit Luftangriffen.

Kolumbien: 30 000 Tote seit den 60er Jahren. Tausende sterben alljährlich in gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Drogenhändlern, linksgerichteten Rebellen, bewaffneten Einheiten der Rechten und Soldaten.

Sierra-Leone: 14 000 Tote seit 1992. In dem Krieg bekämpfen sich die Regierung und die Revolutionäre Vereinigte Front (RUF).

Golfkrieg: 4500 bis 45 000 im Jahr 1991. Die Zahl der zivilen Opfer der alliierten Bombenangriffe auf den Irak ist strittig. Die USA geben ihre Zahl mit 2500 an, Iraks Regierung spricht von 35 000 Toten. Auch die Zahl der gefallenen Soldaten ist unklar.

Nordirland: 3250 Tote von 1968 bis 1998. Straßenkämpfe zwischen katholischen Nationalisten und britischer Polizei führten ab 1970 zu Anschlägen der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) und protestantischer Unionisten. 1998 schlossen Nationalisten und probritische Unionisten einen Friedensvertrag.

Kosovo: 2000 Tote im Jahr 1998. Die Zahl der Opfer stieg in diesem Jahr in unbekannte Höhe, seit die serbische Regierung ihr Vorgehen gegen die Kosovo-Albaner verstärkt und die Nato Bombenangriffe fliegt. ap