Frankfurter Rundschau 19.5.99

Gefängnisähnliche Zustände
Flughafen-Schnellverfahren steht immer wieder in der Kritik

Von Tobias Meier
Die Flüchtlingsunterkunft am Frankfurter Flughafen ist in einem alten Frachtgebäude auf dem Vorfeld untergebracht. "Die Luft ist eine Katastrophe, im Sommer ist der Kerosindampf besonders schlimm", sagt Horst Schäfer, Pressereferent vom Diakonischen Werk, als ich ihn zum Flughafen Sozialdienst befrage. Besuchen kann ich die Einrichtung nicht, da müßte ich Dolmetscher sein oder einen der Flüchtlinge kennen. Ansonsten kommen nur Mitarbeiter in die Unterkunft.
Das Flughafen-Schnellverfahren (nach Art. 18 a Asylverfahrensgesetz) steht immer wieder in der Kritik, nicht nur durch die Kirchen und Pro Asyl.  Eigentlich soll innerhalb von 21 Tagen über den Asylantrag entschieden werden, aber dann dauert es doch zwei bis drei Monate, manchmal sogar sechs Monate. Die Situation sei "gleichbleibend schlecht", sagt Schäfer und weist darauf hin, daß nach der Bundestagswahl im vergangenen September die Hoffnung bestand, daß das gesamte Flughafen-Schnellverfahren abgeschafft wird. Aber im Koalitionsvertrag sei dann doch nur über Dauer und Länge geschrieben worden.
Schäfer stellt resigniert fest: "Es hat niemand Interesse, das Flughafen-Verfahren ganz abzuschaffen." Bei dem verkürzten Flughafen-Verfahren muß der Flüchtling innerhalb von drei Tagen seine Fluchtgründe erklären, wird er abgelehnt, hat er wieder nur drei Tage Zeit, um Widerspruch einzulegen. Die Flüchtlinge erleben in dem separaten Gebäude das Drama der Flucht noch einmal, ihre Situation ist brisant und traumatisierend. Die Ungewißheit über ihre Zukunft belastet sie schwer, während sie in "gefängnisähnlichen Zuständen" untätig warten müssen.
Die psychische und körperliche Belastung wird oft unerträglich, auch für die betreuenden Mitarbeiter. Zum Luftschnappen bringt ein eigener Bus die Menschen zu einem eingezäunten Rasenplatz, auf dem Holzbänke stehen; zwei mobile Toiletten sind auch dort. Der Weg dauert zehn Minuten und wird vom Bundesgrenzschutz begleitet, weil dort einem Flüchtling die Flucht gelungen sei.
Alle im Bundestag vertretenen Parteien bis auf die FDP seien vor Ort gewesen, berichtet Schäfer. "Die kennen die Situation." Auf meine Frage, aus welchen Herkunftsländern die Flüchtlinge kommen, zählt er Algerien, Sri Lanka, Eritrea und die Türkei auf, "quer durch die Krisengebiete der Welt". Was die Kirchen und Pro Asyl immer angeprangert haben, sei die zögerliche Anerkennungspraxis, gerade bei Algeriern, aber auch bei Kurden.
Ziehenschule, Frankfurt am Main