Berliner Morgenpost, 8.5.

Muß Joschka Fischer aussagen?
Ausschuß zum Kurden-Angriff auf das israelische Generalkonsulat nimmt seine Arbeit auf

Von Jörg Meißner und Dirk Banse
Prominente Bundespolitiker und Vertreter von überregionalen Behörden wie Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst oder Bundeskriminalamt müssen damit rechnen, in Berlin in den Zeugenstand gerufen zu werden. Vorgeladen werden sie möglicherweise vom Untersuchungsausschuß zur Aufklärung der Erstürmung des israelischen Generalkonsulats durch PKK-Anhänger am 17. Februar 1999.
Das Gremium tritt heute zu seiner konstituierenden Sitzung erstmals im Abgeordnetenhaus zusammen. Ungewöhnlichster Zeuge könnte im weiteren Verlauf Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sein.
«Wen wir laden werden, können wir erst nach gründlichem Aktenstudium sagen», betonte der justizpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Gram, gestern gegenüber der Berliner Morgenpost. Vorladungen von Zeugen aus Bonn und aus Bundesbehörden wolle er aber nicht ausschließen.
Gram fungiert im Untersuchungsausschuß als stellvertretender Vorsitzender. Geleitet wird das Gremium vom Grünen-Abgeordneten Wolfgang Wieland, der damit auch einziger Vertreter seiner Partei im Ausschuß ist. Für die CDU sind neben Gram noch die Abgeordneten Joachim Bohm und Nicolas Zimmer dabei. Die SPD ist mit Hans-Georg Lorenz und Frank Ebel, die PDS mit der Abgeordneten Marion Seelig vertreten.
Aufgeklärt werden sollen die Begleitumstände, die nach der Entführung von PKK-Chef Öcalan am 15. Februar 1999 aus Kenia in die Türkei zu massiven Ausschreitungen von PKK-Anhängern auch in Berlin führten.  Insbesondere soll untersucht werden, wie es trotz erhöhter Alarmbereitschaft der Berliner Polizei zur Erstürmung des israelischen Generalkonsulats am 17. Februar kommen konnte. Dabei waren vier kurdische Eindringlinge von israelischen Sicherheitskräften erschossen worden.
CDU und SPD im Abgeordnetenhaus sind der Meinung, daß die Sachverhalte, soweit sie in Berlin zu verantworten sind, vom Parlament bereits ausreichend aufgehellt wurden. Der Untersuchungsausschuß wird deshalb von beiden Koalitionspartnern für überflüssig gehalten, zumal kaum Aussicht besteht, die komplexe Materie in den wenigen Monaten bis zur Wahl am 10. Oktober auch nur annähernd zu durchforsten.
Die Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und PDS haben das Gremium mit der erforderlichen Mehrheit dennoch durchgesetzt. Sie sind der Meinung, daß es im Vorfeld des blutigen Geschehens am 17.  Februar Versäumnisse im Berliner Sicherheitsapparat gab. Geklärt werden soll unter anderem, ob politisch Verantwortliche versagt haben.
Die israelische Seite will den Ausschuß nicht kommentieren. «Wir haben unsere Untersuchungen bereits im Februar abgeschlossen», erklärte am Donnerstag der Sprecher der israelischen Botschaft, Din Heiman. Ergebnis der Untersuchungen: Die israelischen Sicherheitsbeamten haben sich, so die Erklärung, streng nach Vorschrift verhalten. Dort heißt es auch, daß die israelische Seite zu keinem Zeitpunkt die wertvolle Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden kritisiert habe.
Zustimmung findet der Ausschuß bei den Kurden. Wichtig sei nur, daß alle Seiten objektiv beleuchtet werden sollten. Das fordert der kurdische Verein Awadani. Er warnt davor, den Ausschuß zu Wahlkampfzwecken zu benutzen.