Stuttgarter Zeitung 29.4.99

Anklageschrift gegen Öcalan eingereicht

ANKARA (rtr). Die türkische Staatsanwaltschaft hat gestern in Ankara die Anklageschrift gegen den inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan eingereicht. Staatsanwalt Cevdet Volkan sagte, er habe die Schrift dem Staatssicherheitsgericht übergeben. Grundlage der Anklage sei der Artikel 125 des Strafgesetzes, das für einen Versuch der Abspaltung von türkischem Staatsgebiet die Todesstrafe vorsieht. Es sei belegt, daß Öcalan durch die von ihm begründete Organisation und durch seine Befehle versucht habe, türkisches Staatsgebiet der staatlichen Kontrolle zu entziehen, sagte Volkan.
Das Staatssicherheitsgericht wird von zwei Zivil- und einem Militärrichter gebildet und soll am Freitag zusammentreten.  Sollte es Öcalan schuldig sprechen, müßten sie dem Gesetz nach die Todesstrafe verhängen. Für deren Ausführung ist eine Bestätigung des Parlaments erforderlich. Zwar wurde die Todesstrafe in der Türkei seit 1984 nicht mehr vollstreckt, der Erfolg der Nationalisten bei der Parlamentswahl am 18. April macht Öcalans Hinrichtung nach Ansicht von Diplomaten jedoch wahrscheinlicher. Die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) kämpft seit 14 Jahren für einen eigenen Kurdenstaat im Südosten der Türkei.