Internationaler Menschenrechtsverein Bremen e.V.
                                                                                                                     Kornstr. 51
                                                                                                                   28201 Bremen
                                                        Tel (0421) 55 77 093 -- Fax: (0421) 55 77 094
mail: mail@humanrights.de -- http://www.humanrights.de
 

Offener Brief an den Innenminister des Landes Hessen

Betr.: Abschiebung von Herrn Kemal Demirel in die Türkei am 8.April 1999

 

Sehr geehrter Herr Gerhard Bökel, 9. April 1999

Herr Kemal Demirel wurde auf Anordnung des Landrates in Schwabach (Main-Taunus-Kreis) am 8. April 1999 in die Türkei abgeschoben, obwohl er sich bereits
in einem 29-tägigen Hungerstreik befand und obwohl das Verwaltungsgericht Darmstadt einen Tag zuvor (7. April) eine aufschiebende Wirkung der Abschiebung
(AZ: 7 G 302 90/99.A(3) angeordnet hatte. Schon am 24. März 1999 wurde der Landrat des Main-Taunus-Kreises vom Bundesamt informiert, daß davon
ausgegangen werden könne, daß das VWG Darm-stadt die Abschiebung aussetzen werde.

Herr Demirel beteiligte sich gemeinsam mit anderen Kurden seit dem 10. März an einem Hungerstreik in der Abschiebehaftanstalt Birkhausen/Zweibrücken. Aus
Protest gegen die Abschiebung der am Hungerstreik Beteiligten, begann er ein Todesfasten und wurde zu letzt zwangsernährt.

Ganz davon abgesehen, daß der politische Akt eines derart entschlossenen Hungerstreikes, die ernsthafte Lage nicht nur dieses einen Menschen aufdeckt, ist die
Entscheidung, die durch die in Ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Behörden gefällt wurde, rücksichtslos, unmenschlich und absolut inakzeptabel. Es bleibt
unbegreiflich, wie der zuständige Arzt, Herrn Demirel für reisefähig erklären konnte. In einem solch fortgeschrittenen Stadium eines Hungerstreikes verlieren die
betreffenden Personen ihre Sinneswahrnehmung, z.T.das Bewußtsein und die inneren Organe werden funktionsunfähig.

Herr Demirel befindet sich augenblicklich auf dem Flughafengelände von Istanbul und soll im Laufe des Tages an die Polizeistation Istanbul-VATAN überstellt
werden. In seinem gesundheitlichen Zustand sollte ein Transfer zu dem nächstliegenden Kranken-haus als ein Minimum gewährleistet sein, stattdessen wird Herr
Demirel, der über einen Monat seinen Protest gegen den Krieg, die Folter und Verfolgung an der kurdischen Bevölkerung durch den türkischen Staat unter Einsatz
seines Lebens öffentlich machte, direkt in die Hände der türkischen Polizei ausgeliefert.

Ihnen und jeglichen zuständigen Personen in Deutschland sollte bewußt sein, daß die Verantwortlichkeit für Herrn Demirels Leben in Ihren Händen liegt. Wir
appellieren an Sie, in der "letzten Minute"die richtige Entscheidung zu fällen, die nur eine Rückkehr von Herrn Demirel nach Deutschland bedeuten kann.

Hochachtungsvoll,

Internationaler Menschenrechtsverein Bremen e.V.

 

PS: Kopien zur Kenntnisnahme gesendet an den Bundesminister des Innern, Herrn Otto Schily und an den Bundesminister des Auswärtigen Herrn Joseph Fischer