DIE WELT, 14. 04. 1999

Grüne lassen räumen und Demba verläßt die Partei
Besetzung der Landesgeschäftsstelle mit Polizei-Einsatz beendet ­ Streit um NATO-Angriffe in Jugoslawien eskaliert

Die Berliner Grünen-Politikerin Judith Demba ist aus Protest gegen die polizeiliche Räumung der Landesgeschäftsstelle aus ihrer Partei ausgetreten. „Der grüne Landesvorstand hat nun auch die letzte friedenspolitische Maske fallen lassen“, heißt es in einer Erklärung der 41jährigen Politikerin.
Die Öko-Partei habe sich nun endgültig von außerparlamentarischen Protestformen verabschiedet, mit dieser „hilflosen Law-and-Order-Politik“ und „kleinbürgerlichen Debatten über Raumaufteilungen“ hätten die Grünen den „letzten Rest von Glaubwürdigkeit“ verspielt, so Demba. Die grüne Politikerin, Mitglied des Abgeordnetenhaus, hatte in den vergangenen Wochen mehrmals mit ihrem Austritt gedroht. Auch über einen möglichen Wechsel der Politikerin zur PDS war spekuliert worden.
Seit der Regierungsbeteiligung in Bonn und den NATO-Einsätzen im Kosovo haben etwa 20 Mitglieder die Partei verlassen. Im Dezember war die Landesvorstandssprecherin Birgit Daiber zurückgetreten und Anfang des Jahres PDS-Mitglied geworden. Mit Judith Demba verlieren die Grünen erneut eine wichtige Integrationsfigur des linken Parteiflügels. Die aus Ost-Berlin stammende, 41jährige Demba hatte 1989 dem Vorstand der DDR-Grünen angehört und war nach der Wende vor allem als Gegnerin von Berlins gescheiterter Bewerbung um die Olympischen Spiele im Jahr 2000 aufgetreten.
Als im Februar PKK-Anhänger vor dem israelischen Konsulat erschossen wurden, war es dem Landesvorstand nur mit Mühe gelungen, Demba von einer PKK-Solidaritätsdemonstration abzuhalten. Selbst Vertreter des linken Flügels sprachen davon, daß sie innerparteilich „isoliert“ sei.
Die grüne Fraktionsvorsitzende Michaele Schreyer sagte, sie teile den Austrittsgrund nicht. Frau Demba habe jedoch „wertvolle Arbeit bei der Anti-Olympiabewegung“ geleistet. Schreyer: „Wenn man in der Regierungsverantwortung ist, kann man manche Gegensätze nicht mehr mit geschickten Resolutionen überbrücken.“ sol