Hamburger Abendblatt 31.3.99

PKK-Kurden in Deutschland
Wann sie Asyl bekommen und wann nicht

Berlin - Funktionäre der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK genießen nach einem gestern ergangenen Grundsatzurteil des Berliner Bundesverwaltungsgerichts wegen Mitarbeit in einer Terrororganisation kein Asyl und auch keinen Abschiebeschutz wegen politischer Verfolgung. Das Gericht hatte drei völlig unterschiedliche Fälle zu beurteilen.
Erster Fall: Seyfeddin E. kam mit Frau Menice und fünf Kindern 1989 nach Deutschland. Sie leben unauffällig in Freiburg, spenden regelmäßig Geld an die PKK (20 bis 50 Mark im Monat) und nehmen an zahlreichen, friedlichen Aktionen und Demonstrationen teil.
Ein einziges Mal fällt der 35jährige Familienvater auf. 1993 wird er nach einer Straßenblockade wegen Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Durch den Prozeß rückt er in das Blickfeld des türkischen Geheimdienstes.  Nun gilt Seyfeddin E. als Regimegegner. Ihm droht bei einer Rückkehr in die Türkei politische Verfolgung. Die Familie begehrt nach Ablehnung ihres Asylantrages das sogenannte Kleine Asyl nach § 51 Abs.1 AuslG. Damit würden sie Abschiebeschutz genießen.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes:
„Kleines Asyl“ für den Mann, die Familie darf damit ebenfalls bleiben. Richter Friedrich Seebass begründet die Entscheidung: „Seyfeddin E. stellt keine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik dar. Die bloße Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung reicht dazu nicht aus.“
Zweiter Fall: Ebenfalls 1989 reist der heute 34jährige Veli S. nach Deutschland ein. Der schmale Mann im grauen Anzug, Typ Banker, macht schnell Karriere bei der PKK. Als Funktionär der unteren Ebene treibt er Spenden bei Landsleuten ein, er verteilt Propagandamaterial und meldet Abtrünnige an den ihm übergeordneten „Kader“. Veli S. fällt dem türkischen Geheimdienst auf, als er 1994 wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht steht.
Urteil: kein Asyl und kein Abschiebeschutz.
„Veli S. hat die Schlagkraft und Militanz der verbotenen PKK erheblich gestützt. Er ist eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik“, begründet der 1. Senat seine Entscheidung.
Dritter Fall: Ismail Ö. (47) ist seit 1969 in Deutschland. Seit 1980 engagiert er sich für die PKK, 1987 wird er „Kader“. Als hauptberuflicher Partei-Funktionär agiert er von Celle, Köln und Hannover aus. Ö. wird als Mitglied des Kurdischen Nationalparlamentes bekannt.  Zweimal steht er vor Gericht: 1992 wegen schwerer Freiheitsberaubung und 1997 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.  Er wird zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt.
Urteil: kein Asyl und kein Abschiebeschutz. Als hochrangiger Funktionär trage Ismail Ö. die Mitverantwortung an vielen gemeingefährlichen Straftaten der PKK in Deutschland, so Richter Seebass. Auch wenn ihm in der Türkei die politische Verfolgung drohe, so stehe dem der „Terrorismusvorbehalt“ in Deutschland entgegen.  (Az.: BVerwG 9C 22.98,31.98,23.98)   (syp)