Berliner Zeitung 31.3.99

Kein Asyl für Funktionäre der PKK
Bundesverwaltungsgericht verkündet Grundsatzurteil

Von Sigrid Averesch
BERLIN, 30. März. Funktionäre der in Deutschland verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK haben keinen Anspruch auf Asyl und genießen trotz drohender Verfolgung in der Türkei keinen Abschiebeschutz. Dagegen können Kurden, die nur mit der PKK sympathisieren und an gewaltfreien Aktionen teilnehmen, Abschiebeschutz erhalten. Dieses Grundsatzurteil fällte am Dienstag das Bundesverwaltungsgericht in Berlin.
Das Gericht ging von der Einschätzung aus, daß die als verfassungsfeindlich eingestufte PKK die innere Sicherheit gefährde. Die Kurdische Arbeiterpartei verfolge ihre politischen Ziele in der Türkei wie auch im Ausland mit terroristischen Mitteln. Gleichwohl reiche die Zugehörigkeit zur PKK allein für die Versagung des Abschiebeschutzes nicht aus. Vielmehr müsse der Ausländer persönlich als Gefahr für die innere Sicherheit anzusehen sein, begründete der Vorsitzende Richter Friedrich Seebass das Urteil.
Dabei zog der 9. Senat enge Grenzen. Ausschließlich die Kurden, die an gewaltfreien Aktionen der PKK teilnehmen oder der Organisation Geld spenden, verlieren nicht den Abschiebeschutz. So gaben die Richter der Klage eines 35jährigen statt, der der PKK regelmäßig Geld gespendet, an Demonstrationen und auch an einer Straßenblockade teilgenommen hatte. Er sei nicht als eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands anzusehen, so das Bundesverwaltungsgericht.
Wer dagegen in die Struktur der PKK eingebunden ist, kann nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kein Asyl beanspruchen und sich auch nicht auf die drohende Verfolgung in der Türkei berufen. Bereits Aktivitäten auf der unteren Funktionärsebene, wie Spendeneintreiben und Verteilung von Propagandamaterial, führt nach der Entscheidung der Richter zur Versagung des Abschiebeschutzes. Es komme nicht darauf an, ob der Funktionär Gewalttaten verübe. Er könne schon dann eine Gefahr darstellen, weil er an maßgeblicher Stelle eine Organisation unterstütze, die verfassungsfeindlich sei, so Richter Seebass. Mit dieser Begründung wurde die Klage eines Kurden, der Spenden gesammelt und Demonstrationen organisiert hatte, abgewiesen. Einem PKK-Regionalleiter, der zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, versagten die Richter sowohl Asyl wie Abschiebeschutz. „Wer Terrorismus in der Bundesrepublik fortsetzen will, der fällt aus dem Asylrecht raus“, sagte Seebass.
Die Bundesrichter verwiesen ausdrücklich darauf, daß auch die PKK-Funktionäre weiter auf Duldung in der Bundesrepublik klagen können, und zwar wegen Gefahr für Leib und Leben bei Rückkehr in die Türkei. (Aktenzeichen BVerwG 9 C 22.98, 9 C 31.98, 9 C 23.98).