Frankfurter Neue Presse 29.3.99

Kurde verbrannte sich aus Protest

Kassel. Ein Kurde hat sich am Freitag in Kassel aus Protest gegen eine Folterung des PKK-Führers Abdullah Öcalan in der Türkei selbst angezündet. Wie gestern bekannt wurde, ist er seinen schweren Verletzungen erlegen.
Der 17jährige hatte sich mit Benzin übergossen, das er in einem eigenen Kanister mitgebracht hatte. Dann zündete er sich an. Zwei Jogger fanden den Mann schwer verletzt auf einem Waldweg, etwa 400 Meter von einem Parkplatz entfernt. Auf Fragen soll er ihnen sinngemäß geantwortet haben, er habe sich verbrannt, weil Öcalan in der Türkei gefoltert werde. In einem Abschiedsbrief führte er stichwortartig die Kurdenprobleme als Motiv an. Das teilte die Kasseler Polizei am Wochenende mit. Die Beamten schließen Fremdverschulden aus. (lhe)



 

Frankfurter Rundschau 29.3.99

Kurdenprotest
17jähriger verbrannte sich

KASSEL. An den Folgen schwerster Brandverletzungen verstarb in der Nacht zum Samstag ein 17jähriger Kurde aus Kassel. Der junge Mann hatte sich am Freitag nachmittag gegen 15.40 Uhr am Stadtrand mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und angezündet. In einem Abschiedsbrief, den die Polizei in seiner Jacke fand, habe er die „Kurdenproblematik“ als Grund für seine Selbsttötung genannt. Zwei Joggern, die den schwerverletzten Mann am Freitag fanden, habe er noch erklärt, daß er sich angezündet habe, da Öcalan in der Türkei gefoltert werde. Der 17jährige, der Verbrennungen dritten Grades am ganzen Körper erlitt, starb gegen 23.30 Uhr im Klinikum Kassel.
Das Kasseler Zentrum für kurdische Kultur und Sprache erklärte am Samstag, daß es in keiner Art und Weise diesen „an sich legitimen Protest“ befürworte. Dies sei jedoch nicht die erste und wahrscheinlich auch nicht die letzte Selbstverbrennung von Kurden. Zwar stehe hinter jeder Tat ein Einzelschicksal, allerdings reflektierten diese zusammengenommen „den Schrei eines ganzen Volkes nach einem selbstbestimmten und menschenwürdigen Leben“.
Auch in Kassel werde der Versuch unternommen, jegliche demokratischen Rechte von Kurden zu unterbinden, so der Vorwurf des Zentrums.
Bürgermeister Ingo Groß (SPD) hatte erst jüngst ein generelles
Demonstrationsverbot für Kurden verhängt. usch/jbk