HANDELSBLATT, Mittwoch, 24. März 1999

Vermißter Kurde angeblich mißhandelt
Gerichtshof für Menschenrechte prüft Foltervorwurf gegen Türkei

dpa STRASSBURG. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte untersucht erneut eine Beschwerde über Folter in den Kurdengebieten der Türkei. Der Fall betrifft nach Angaben des Gerichtshofes von Mittwoch in Straßburg einen bis heute vermißten Kurden, der 1993 in Südost-Anatolien 17 Tage lang in Polizeihaft festgehalten und nach Angaben von Zeugen gefoltert worden war.
Die türkische Regierung bestreitet in ihrer Stellungnahme, daß der Vermißte von der Polizei festgenommen wurde. Vielmehr sei der Personalausweis des Vermißten in der Kleidung eines getöteten Terroristen nach einem Zusammenstoß mit Sicherheitskräften im Februar 1995 im Distrikt Hani gefunden worden.
Der 46jährige Bruder des Vermißten hatte in seiner in Straßburg eingereichten Beschwerde Verstöße gegen den Schutz auf Leben und Sicherheit und gegen das Verbot der Folter geltend gemacht. Er klagte außerdem über einen mangelnden Willen der Behörden, den Fall aufzuklären und gab an, vor türkischen Gerichten keine wirksamen Rechtsmittel einlegen zu können. Die Menschenrechtskommission hat in ihrem Bericht diese Menschenrechtsverletzungen anerkannt. Ein Termin für ein Urteil steht noch nicht fest.