Frankfurter Rundschau 24.3.99

8000 Festnahmen zu Newroz
Türkische Menschenrechtler widersprechen offiziellen Zahlen

ATHEN/ANKARA, 23. März (öhl/dpa). Im Zusammenhang mit den Feiern zum kurdischen Neujahrsfest Newroz sind offenbar in der Türkei am vergangenen Wochenende weit mehr Menschen von der Polizei festgenommen worden als offiziell angegeben. Die Polizei beziffert die Festgenommenen auf 2474. Dagegen berichtete die türkische Menschenrechtsvereinigung IHD von mehr als 8000 Festnahmen. Allein im südostanatolischen Diyarbakir sollen rund 4000 Menschen in Gewahrsam genommen worden sein. Diyarbakir war für Journalisten und ausländische Beobachter nicht zugänglich.
Nach Protesten zahlreicher ausländischer Presseorganisationen hat der türkische Premier Bülent Ecevit das über sechs Südostprovinzen verhängte Reise- und Berichtsverbot für Journalisten aufgehoben. Das berichtete die Agentur Reuters unter Berufung auf das Büro Ecevits. Das Verbot war nach der Festnahme des Chefs der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, verhängt worden.
Vor dem Staatssicherheitsgericht von Ankara wird am heutigen Mittwoch gegen Öcalan in Abwesenheit verhandelt. Es handle sich um ein Verfahren wegen Hochverrats, verlautete aus Justizkreisen. Die neue Anklageschrift gegen Öcalan wegen aller Anschläge und terroristischer Aktivitäten der PKK soll in einer Woche fertiggestellt sein.